Heft 
(1957) 7
Seite
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Pritzwalker Tor (heute Karl-Marx-Straße 26) weist noch einen Balken auf, in den die Jahreszahl 1710 eingeschnitzt ist. Das Haus selbst wurde nach dem ersten Weltkrieg abgerissen, da es schon sehr baufällig geworden war. Ein anderes Haus, das zwar keine eingeschnitzte Jahreszahl auf weisen kann, aber auch im 18. Jahrhundert erbaut worden ist, steht in der heu­tigen Breitscheidstraße (Ecke Waagestraße). Es trägt nicht mehr das schöne mittelalterliche Hochdach wie damals, aber das Balkenfachwerk ist noch gut erhalten.

Von der Stadtmauer, die noch bis zum Ausgang des 17. Jahrhunderts den Bürgern Schutz gegen die Feinde gab, ist heute nichts mehr vorhanden. Die letzten Reste verschwanden um 1800, wo die Steine für die Pflasterung der Straßen und zum Häuserbau verwendet wurden. Wir können heute nur noch ihren Verlauf nachweisen. (Jungfernsteg, Burgstraße, Hinter-der- Mauer, Wall).

In vielen Städten der Prignitz gehören gerade die Kirchen zu den ältesten Bauwerken und beanspruchen darum ein besonderes Interesse. Leider trifft das für Putlitz nicht zu. Unser Kirchengebäude ist noch verhältnismäßig jung. Es wurde im Jahre 1854 erbaut, nachdem die alte Kirche bereits so baufällig geworden war, daß sie abgerissen werden mußte. Auch in der Baugeschichte des Putlitzer Gotteshauses spiegelt sich das Schicksal unse­rer Stadt wider. Im Laufe von zwei Jahrhunderten (1500 bis 1700) wurde die Kirche dreimal durch Feuer vernichtet. Die Bevölkerung war immer zu arm, um ein Gebäude zu errichten, das solchen Katastrophen trotzen konnte. So entstand auch nach dem großen Brande im Jahre 1691 nur ein primi­tiver Holzbau, der natürlich ein historisches Alter nicht erreichen konnte. Erst im Jahre 1854 konnte so massiv gebaut werden, daß man bei unserm heutigen Gotteshaus für die nächsten 100 Jahre eine Baufälligkeit nicht zu befürchten hat. Auch was das Innere der Kirche aufzuweisen hat, stammt lediglich aus den letzten 100 Jahren. Eine Ausnahme macht nur eine ge­schnitzte Holztafel mit dem Wappen der Herren zu Putlitz, die aus dem Jahre 1731 stammen dürfte. Leider weist die Architektur des Raumes keinen besonderen Stil auf und erregt daher vom künstlerischen Stand­punkt aus gesehen kein besonderes Interesse. Der Turm, das zweite Wahrzeichen unserer Stadt wurde erst im Jahre 1909 erbaut.

Denjenigen unter unsern Gästen, die sich bei allem Festtagstrubel nach einem Ort der Stille sehnen, empfehle ich, einmal unsern Friedhof aufzu­suchen. Ich selbst habe schon viele Stätten dieser Art gesehen, aber noch keine Kleinstadt gefunden, wo die Stimmung, die sein Name verlangt, so zum Ausdruck kommt wie in Putlitz. Hier hat die Stadtgemeinde ein Fleck­chen Erde geschaffen, das durch die Schönheit seiner Anlage zur stillen Besinnlichkeit zwingt. Alles atmet Ruhe und Frieden. Wenn die vielen Grabsteine auch auf die Vergänglichkeit hinweisen, so sprechen die Bäume und Sträucher in ihrer Blütenpracht für jeden Leidtragenden eine trost-

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