Heft 
(1957) 7
Seite
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W. ADAM, PUTLITZ

Putlitz in der Zeit seit 1945

Putlitz ist auch heute noch eine verhältnismäßig stille Kleinstadt, in welcher das Leben ruhig dahinfließt. Bewegtere Zeiten gab es nur während der letzten Kriegsmonate und in den ersten Jahren nach dem Kriege. Wir haben hier die unmittelbaren Schrecken und Verheerungen des Krieges nicht kennengelernt. Zwar warfen Flugzeuge hin und wieder in der näch­sten Umgebung der Stadt vereinzelt Bomben ab, die gewaltige Spreng­trichter auf den Äckern aufrissen, doch entstand kein wesentlicher Ge­bäudeschaden. Stärker von der Kriegsnot berührt wurden wir erst, als nach der Bombardierung Hamburgs ein Flüchtlingsstrom auch in unser Städtchen kam und untergebracht werden mußte. Die Wohnungsnot wuchs dann in den letzten Kriegsmonaten durch fortgesetzten Zustrom von Flüchtlingen und Umsiedlern aus den Kampfgebieten im Osten. Die Ein­wohnerzahl von etwas über 2000 wuchs durch diese Zuwanderung auf rund 3200 an. Das brachte Not und Sorge genug für Alteingesessene und Zu­gewanderte.

Als die sowjetische Armee sich näherte, gab die Nazipartei noch den Befehl heraus, die Stadteingänge durch Panzersperren zu verschließen, und ließ auch solche an den Eingangsstraßen von Pritzwalk her errichten. Der Ge­danke, unsere Kleinstadt auch nur für kurze Zeit zu verteidigen, war völlig sinnlos und eine Ausgeburt des Wahnsinns. Die Ausführung hätte nur für den größten Teil der Einwohner Tod und Vernichtung gebracht. Die Absicht der Hitlerleute wurde durch die Haltung der Einwohner zunichte gemacht. In der Nacht vom 2. zum 3. Mai rückten Truppen der Roten Armee ein. Nach wenigen Tagen kam eine Ortskommandantur her, die zunächst das Leben und Treiben in der Stadt durch ihre Anordnungen regelte. Sie sorgte dafür, daß kein Mangel an Lebensmitteln eintrat, daß es sofort Brot, bald auch Fleisch und Wurst gab. Die in den Geschäften vorhandenen Bestände mußten dem Verbrauch zugeführt werden. Der sowjetischen Kommandan­tur verdanken wir es, daß schon nach kurzer Zeit das Leben wieder so einigermaßen in Gang kam. Zum Kommandanturbereich gehörten 22 um­liegende Dörfer. So war unser Städtchen gewissermaßen Hauptstadt eines kleinen Landkreises geworden. In der Stadt selber und in allen Dörfern wurden neue, verantwortliche Bürgermeister eingesetzt, die als Beauftragte

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