kalt und fehlte an Heizmaterial. Da wurden Tische, Stühle und Bänke verbrannt; alle Obstbäume wurden abgehauen und in den Ofen gesteckt. Die Quälereien der Bevölkerung nahmen kein Ende. Man hatte oft Geld und Silbersachen vergraben. Nun wurde man gequält, um die Verstecke zu verraten. Man goß den Ärmsten Jauche in den Mund und zwang sie, die herunterzuschlucken. Das nannten die kaiserlichen Truppen den „schwedischen Trunk“. An den Haaren hängte man die Unglücklichen auf. Durch Daumenschrauben suchte man die Geständnisse zu erpressen, oder man steckte ihnen Feuer in den Mund. Auch wurde wohl die Zunge mit einer dünnen Nadel durchstochen, die man dann hin und her zog. Die Frau des Küsters hängte man in den Rauchfang und tauchte sie dann in den Brunnen. Zu allem Unglück kam auch die Pest hinzu, die 700 Menschen tötete. Bald waren der Leichen so viele, daß man sie nicht mehr bestatten konnte. In den Straßen blieben oft die Toten liegen; niemand dachte daran, sie zu beerdigen. Vier von den fünf Lehrern starben an der Pest. Schlimm hauste man in der Kirche. Sie wurde vollständig ausgeplündert, die Orgel zerstört, ein goldenes Marienbild herabgestürzt, der Gotteskasten erbrochen, ein Abendmahlsgemälde zerspalten, goldene und silberne Kirchengeräte gestohlen. Den Schneider Christoph Stavenow hängte man an der Kanzel auf. Vom Friedhof wurden die hölzernen Kreuze entwendet und verbrannt. Die Schule hatte man zum Pferdestall gemacht; der Mist reichte bis zum Fenster. Zu allem kam noch eine Feuersbrunst hinzu, die 40 Häuser zerstörte. Wem es irgendwie möglich war, der floh. Viele irrten in den umliegenden Wäldern umher. Man suchte die Stadt Werben in der Altmark zu erreichen. Diese Flucht gelang unter anderm dem Kantor Freyer und dem Diakonus Schmidt. Als am 30. November die schlimmste Notzeit vorbei war, kehrte Freyer zurück. Von ihm stammt ein ausführlicher Bericht über die Leiden der Stadt. Er war auch dabei, als in der vom Mist gesäuberten Schulstube der erste Gottesdienst gehalten wurde. Soldaten, die die Zerstörung Magdeburgs (1631) miterlebt hatten, behaupteten, daß es dort nicht so grausam zugegangen wäre wie im November 1638 in Perleberg.
Wie sah es nun in unserer Heimatstadt nach der Zerstörung aus? Von den einst 300 Häusern standen nur noch 50. 3000 bis 3500 Einwohner hatten einst hier gelebt. Jetzt waren es nur noch 300. Von den früher 100 Schulkindern fanden sich nur 20 wieder ein. Die einst so blühende Stadt war untergegangen.
Wie sehr sich diese furchtbare Zeit der Bevölkerung eingeprägt hat und die Erinnerung daran wachgehalten worden ist mehrere Jahrhunderte hin-
