Editorial Editorial 5 Liebe Leserinnen und Leser, von Theodor Wolff stammt das bemerkenswerte Aperçu,»Theodor Fontane« sei»vielleicht der einzige Deutsche, in dem der Realismus nicht die Poesie vernichtet« habe. Das bisher kaum beleuchtete Verhältnis zwischen Wolff – einem der bedeutendsten Journalisten des Kaiserreichs und der Weimarer Republik – und Fontane nehmen wir in diesem Heft mit einem kleinen Schwerpunkt in den Blick: Wolfgang Rasch stellt eine Rezension und Erinnerungen Wolffs vor, in denen sich dieser Fontane widmet. KlausPeter Möller ediert und kommentiert Briefe aus der»Respektskorrespondenz« zwischen den beiden. Der Geschichte der internationalen FontaneRezeption fügt Rudolf Muhs in seinem Beitrag ein neues Kapitel hinzu, indem er die US-amerikanische Fontane-Forscherin Bertha Eleanor Trebein und ihre 1915 an der New Yorker Columbia University eingereichte Dissertation über Fontanes Theaterkritiken porträtiert. Fortgesetzt wird in diesem Heft der Fontane Blätter das thematische Dossier zu»Fontanes Fragmenten«, das wir – zurückgehend auf eine Forschungswerkstatt am Fontane-Archiv im Juni 2022 – im letzten Blätter-Heft begonnen hatten. Christine Hehle, die gemeinsam mit Hanna Delf von Wolzogen für die 2016 publizierte Edition der Fragmente verantwortlich zeichnet, führt in ihrem Beitrag zum Fragment Wiedergefunden textgenetische und narratologische Analyse eng und kommt so zu erhellenden Einsichten in Fontanes Technik der sukzessiven Konstruktion von Erzählinstanzen und Figuren. Sophia Wege geht den philosophischen Hallräumen von Fontanes Schreiben nach und akzentuiert mit Blick auf das umfangreiche Romanfragment Allerlei Glück die Front zwischen Kantianismus und Schopenhauerianismus. Wie sich Ambivalenz als spezifische Signatur der Moderne in Fontanes Fragmenten ausdrückt und wie diese in Zusammenhang steht mit Fontanes Thematisierung des Judentums, diskutiert Mike Rottmann in seinem Beitrag. Henny Sluyter-Gäthje, Daniil Skorinkin und Peer Trilcke wenden schließlich algorithmische Verfahren der Textanalyse
Heft
(1.1.2023) 115
Seite
5
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