Heft 
(1.1.2023) 115
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158 Fontane Blätter 115 Rezensionen Effi Briest-Handbuch. Hrsg. von Stefan Neuhaus. Stuttgart, Weimar: J. B. Metzler 2019. 333 S. 99,99. E-Book 79,99. Unter den zahlreichen Bilanz ziehenden Publikationen des Jubiläumsjahres 2019 ist auch ein Handbuch, das sich Fontanes berühmtestem Roman Effi Briest widmet. Es gliedert sich in eine Einleitung sowie fünf Teile, die wiede­rum in Kapitel unterteilt sind, insgesamt 46. Darüber hinaus bietet es eine Zeittafel, eine Auswahlbibliografie sowie ein Personen- und ein Sach- und Werkregister. Die Einleitung(Stefan Neuhaus) stellt die Parameter vor, unter denen das Handbuch sich mit Effi Briest auseinandersetzt: In Verbindung von literatur­und kulturwissenschaftlichen Ansätzen wird ein multiperspektivischer Zu­gang zu dem Roman angestrebt, dessen hoher künstlerischer Rang mit gro­ßer und anhaltender Popularität bei Leserschaft und Fachwelt einhergehe. Wiewohl ein Zeitroman des Zweiten Deutschen Kaiserreichs, verhandle Effi Briest Themen, die noch heute von unverminderter Aktualität seien. Teil I, Literaturgeschichte, befasst sich zunächst mit dem»Späten 19. Jahrhundert«(Kap. 1): Christian Geulen situiert Effi Briest mit guten Argumenten im Kontext des Fin de Siècle; indem er die unter den Stichwor­ten»Gegen­satz von individueller Freiheit und gesellschaftlichen Zwängen«, »Determinismus und Freiheit«,»Marxismus und Darwinismus«,»Suche nach neuen Ordnungen und Orientierungen«,»Wende der bürgerlichen und Selbstwahrnehmung«,»Literatur als Selbstreflexion historischer Epo­chen« vorgestellten Leitfragen und Konzepte eng an den Roman zurückbin­det, gelingt es ihm, ein allzu weites Ausgreifen ins Allgemeine zu vermei­den. Auch Lothar Bluhm betont in Kap. 2,»Das literarische(Um-)Feld«, dass Effi Briest die Grenzen des Poetischen Realismus hin zur Klassischen Mo­derne überschreite, d.h., ›in Richtung auf‹ Thomas Mann, nicht auf Hof­mannsthal oder auf den Naturalismus(S. 10). In Kap. 3 gibt Hugo Aust einen ebenso profunden wie unterhaltsamen komparatistischen Überblick über »Effi und ihresgleichen«, in dem auch wesentliche Handlungselemente, Fi­gurencharakteristiken und Fragen der Erzählhaltung berührt werden. Iris Meinens Kap. 4,»Die soziale Stellung der Frau«, liefert solide Hintergrund­informationen zur Konstruktion des Frauenbildes im 19. Jahrhundert, zum bürgerlichen Ehemodell, zu Mädchenbildung, Frauenbewegung und Frau­envereinen, lässt aber teilweise den Rückbezug auf den Roman vermissen. Das den ersten Teil abschließende Kapitel»Nation und Nationalismus« (Stefan­Neuhaus) überzeugt nur partiell. Die Parallelisierung von Effi Briest mit den vorgestellten historischen Konzepten ist nicht immer gut nachvoll­ziehbar, insbesondere da in der Argumentation nicht zwischen Preußen und Deutschland unterschieden wird. So wird der Verweis auf Kurfürst Georg Wilhelm im ersten Satz des Romans für die Thematisierung der deutschen