Fontane und das Erbe der Aufklärung Woywode 163 auch die Zitierung oft nicht verlässlich: Kurztitel sind teilweise falsch oder werden uneinheitlich verwendet, die Kommentare der Fontane-Ausgaben werden nach unterschiedlichen Prinzipien zitiert, was beides die rasche Auffindung von Literatur erschwert. Erwähnt sei in diesem Zusammenhang auch die»Editorische Vorbemerkung«, in der es nicht um die Anlage des Handbuchs, sondern um die verwendeten Fontane-Ausgaben geht. Die Benutzung unterschiedlicher Ausgaben wird damit begründet, dass die GBA noch nicht vollständig und ihre Anschaffung(gemeint ist wohl: aus finanziellen Gründen) nur Bibliotheken möglich sei(S. XII). Diese letztere Einschätzung erstaunt, wenn man etwa den Preis der zweiten Auflage von Effi Briest in der GBA(534 Seiten, mit Leinenbindung und Lesebändchen) – 44€ – mit jenem anderer kritischer Ausgaben vergleicht oder aber mit dem Preis des Effi Briest- Handbuchs(siehe oben). Zusammenfassend möchte ich das Effi Briest-Handbuch als ein Kaleidoskop charakterisieren, durch das eine große Vielfalt von Perspektiven, Aspekten und Facetten des Romans sichtbar wird und dessen Beiträge zum Teil sehr profunde Information, gelungene Analysen und Reflexionen bieten. Als Ganzes jedoch, als benutzerorientiertes Handbuch, lässt es viel zu wünschen übrig. Christine Hehle Theodor Fontane und das Erbe der Aufklärung. Hrsg. von Matthias Grüne und Jana Kittelmann. New York, Boston: De Gruyter 2021(Schriften der Theodor Fontane Gesellschaft). 249 S.€ 104,95 Es scheint kaum der Erwähnung wert zu sein, dass literaturgeschichtliche Epochenbegriffe vereinfachende Konstruktionen sind, die der vielgestaltigen literaturhistorischen Realität nie ganz gerecht werden können. Das ist solange selbstverständlich, bis man vor dem hermeneutischen Problem steht, am individuellen literarischen Kunstwerk epochenspezifische Merkmale aufzeigen zu müssen, um dem Periodisierungsanspruch einer systematisierungsbedachten Literaturwissenschaft Genüge zu tun – und sich selbst der Möglichkeit vergewissern zu können, die unüberschaubare Menge der literarischen Produktion einer Zeit begrifflich zu katalogisieren und in Anbetracht der kontingenten und weitverzweigten literaturgeschichtlichen Dynamik der zentralen Wissenskategorie nicht entsagen zu müssen: der Bedeutsamkeit. Der Einstieg mit dieser allgegenwärtigen methodischen Trivialität sei erlaubt, denn sie drängt sich auf, wenn im vorliegenden Sammelband Theodor Fontane als Erbe der Aufklärung in den Blick genommen und die Herausforderung angenommen oder vielmehr das Wagnis eingegangen wird,
Heft  
(1.1.2023) 115
Seite
163
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