Unwiederbringlich.
Roman
von
Theodor Fontane.
Erstes Capitel.
Eine Meile südlich von Glücksburg, auf einer dicht an die See herantretenden Düne, lag das von der gräflich Hvlk'schen Familie bewohnte Schloß Holkenäs, eine Sehenswürdigkeit für die vereinzelten Fremden, die von Zeit zu Zeit in diese wenigstens damals noch vom Weltverkehr abgelegene Gegend kamen. Es war ein nach italienischen Mustern aufgeführter Bau, mit gerade so viel Anfängen ans griechisch Elastische, daß der Schwager des gräflichen Hauses, der Baron Arne auf Arnewiek, von einem nachgeborenen „Tempel zu Pästum" sprechen durfte. Natürlich Alles ironisch. Und doch auch wieder mit einer gewissen Berechtigung. Denn was man von der See her sah, war wirklich ein aus Säulen zusammengestelltes Oblong, hinter dem sich der Untertheil des eigentlichen Baues mit seinen Wohn- und Repräsentationsräumen versteckte, während das anscheinend stark zurücktretende Obergeschoß wenig über mannshoch über die nach allen vier Seiten hin eine Vorhalle bildende Säuleneinfassung hinauswuchs. Diese Säuleneinfassung war es denn auch, die dem Ganzen wirklich etwas Südliches gab; teppichbedeckte Steinbänke standen überall die Halle entlang, unter der man beinahe tagaus tagein die Sommermonate zu verbringen Pflegte, wenn man es nicht vorzog, auf das Flachdach hinaufzusteigen, das freilich weniger ein eigentliches Dach, als ein ziemlich breiter, sich um das Obergeschoß herumziehender Gang war. Auf diesem breiten, slachdachartigen Gange, den die Säulen des Erdgeschosses trugen, standen Cactus- und Aloekübel, und man genoß hier, auch an heißesten Tagen, einer vergleichsweise frischen Lust. Kam dann gar vom Meer her eine Brise, so setzte sie sich in das an einer Maststange schlaff herab - hängende Flaggentuch, das dann mit einem schweren Klappton hin- und herschlug und die schwache Lustbewegung um ein Geringes steigerte.
Deutsche Rundschau. XVII, 4.
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