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Deutsche Rundschau.
mir einfällt, wißt Ihr denn schon, daß sich in Kiel und Rostock eine plattdeutsche Dichterschule gebildet hat, oder eigentlich zwei, denn die Deutschen, wenn sich irgend was aufthut, zerfallen immer gleich wieder in zwei Theile. Kaum ist das Plattdeutsche da, so haben wir auch schon wieder itio in partes, und die Mecklenburger marschiren unter ihrem Fritz Reuter und die Holsteiner unter ihrem Klaus Groth. Aber Klaus Groth hat einen Pas voraus, weil er Lyriker ist und componirt werden kann, und davon hängt eigentlich Alles ab. Kein Jahr, vielleicht kein halbes, so kommt er von keinem Clavier mehr herunter. Ich habe da schon 'was aus Eurem Flügel liegen sehen. Asta, Du könntest 'was von ihm singen."
„Ich mag nichts Plattdeutsches."
'„Nun, dann singe 'was Hochdeutsches, aber natürlich etwas recht Hübsches und Lustiges."
„Ich mag nichts Lustiges."
„Nun, wenn es nichts Lustiges sein kann, dann singe 'was recht Trauriges. Aber es muß dann auch ganz traurig sein, daß man auf seine Kosten kommt. Etwas von einem Pagen, der für Comtesse Asta stirbt, oder von einem Ritter, der von seinem Nebenbuhler erschlagen und am Wege begraben wird. Und daneben wacht der Hund am Grabe des Ritters und drei Raben sitzen in einer Pappelweide und kreischen und sehen zu."
Asta, die mit dem Onkel auf einem Necksuß stand, würde ihm auch diesmal eine Antwort nicht schuldig geblieben sein, wenn nicht in eben diesem Augenblick ihre Aufmerksamkeit nach einer anderen Seite hin in Anspruch genommen worden wäre.
„Da kommt Elisabeth," ries sie freudig erregt. „Und der alte Petersen mit ihr und Schnuck auch."
Und als sie das sagte, traten Alle von der Halle her in den Vorgarten und grüßten mit ihr zugleich hinunter.
Drittes Capitel.
Pastor Petersen und seine Enkelin Elisabeth, vielleicht weil das Licht sie blendete, bemerkten von dem ihnen geltenden Gruße nichts, aber um so deutlicher sah man oben, von Terrasse und Vorhalle her, die unten am Strand immer näher Kommenden. Der Alte, seinen Hut in der Hand (so daß der Wind mit seinem dünnen, aber langen Weißen Haare spielte) ging ein paar Schritte vorauf, während Elisabeth sich nach den Holz- und Borkenstückchen bückte, die zwischen dem Seetang umherlagen und sie ins Meer warf, um Schnuck, einen wundervollen schwarzen Pudel, danach apportiren zu lassen. Jetzt aber ließ sie davon ab und begnügte sich, ein paar Blumen zu pflücken, die zwischen dem Strandhafer standen. Und so schlendernd kamen sie schließlich bis an den Pier, wo sie links abbogen, um die Terrasse hinaufzusteigen.
„Sie kommen," brach Asta in erneutem Jubel aus. „Und Elisabeth bringt ihren Großvater mit."
„Ja," sagte Baron Arne. „Vielleicht könnte man auch sagen, der Großvater bringt Elisabeth mit. Aber so seid Ihr; die Jugend ist die Hauptsache;