Unwiederbringlich.
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sei Dank noch Vieles übrig; es bleibt noch Zufluchtsstättesein und Andere beglücken und über Vorurtheile lachen." Es war ersichtlich, daß der Prinzessin diese Worte wohlthaten, vielleicht weil sie heraushörte, daß es, trotzdem sie von Ebba kamen, mehr als bloße Worte waren; aber sie schüttelte doch den Kopf und sagte: „Liebe Ebba, auch das wird bald Märchen sein."
Während sie so sprachen, waren die Wagen, denen man eigentlich entgegengehen wollte, bis dicht an die Freitreppe herangefahren, und als die Prinzessin gleichzeitig wahrnahm, daß die Dämmerung und mit ihr die Abendkühle mehr und mehr hereinbrach, erklärte sie, von einem weiteren Spaziergang Abstand nehmen und die Rückfahrt unmittelbar antreten zu wollen. „Aber wir arrangiren uns anders, und ich verzichte aus die Begleitung meiner Cavaliere."
Das kam Allen erwünscht. Die Prinzessin nahm ihren Platz, die Schimmelmann ihr zur Seite, das Fräulein gegenüber; Pentz und Holk und Erichsen folgten im zweiten Wagen. Als man Klampenborg passirte, war das Osficierszelt auch in seiner Front mit Segeltüchern geschlossen und nur aus einem schmalen Spalt ergoß sich ein Lichtstreisen aus den dunklen Vordergrund. Einzelnes aus einer Rede, die gerade gehalten wurde, trug der Wind herüber, und nun schwieg auch das, und nur zustimmende Ruse klangen noch in den Abend hinaus.
Fünfzehntes Capitel.
Die Rückfahrt war ohne weitere Zwischenfälle verlausen, aber natürlich nicht ohne Medisance, darin sich Ebba nicht leicht zu viel thun konnte. Die Geschichte mit den „Rosenberg's" und den verschiedenen Verzweigungen der Familie war ihr dabei das denkbar glücklichste Thema. „Der arme Graf," sagte sie, „das muß wahr sein, er geht Allem so gründlich auf den Grund. Natürlich, dafür ist er ein Deutscher, und nun gar bei genealogischen Fragen, da kommt er aus dem Bohren und Untersuchen gar nicht mehr heraus. An jeden Namen knüpft er an, und wenn ich zum Unglück auf den Namen Cordelia getauft worden wäre, so biet' ich jede Wette, daß er sich ohne Weiteres nach dem alten Lear bei mir erkundigt haben würde." Die Prinzessin gab Ebba einen Zärtlichkeitsschlag auf die Hand, der mehr ermuthigte als ablehnte, und so fuhr diese denn fort: „Er hat etwas von einem Museumskatalog mit historischen Anmerkungen, und ich sehe noch sein Gesicht, als Königliche Hoheit von Thcho de Brahe sprachen und nach der Insel Hveen hinüberzeigten; er war ganz benommen davon, und seine Seele drängte sichtlich nach einem Gespräch über Weltsysteme. Das wäre so was für ihn gewesen, zurück bis Ptolomäus. Gott sei Dank kam etwas dazwischen, denn, offen gestanden, Astronomie geht mir noch über Genealogie."
Auch der folgende Tag verlies unter ähnlichem Geplauder, was übrigens nicht hinderte, daß Holk, von Seiten der Damen, einem allerfreundlichsten Entgegenkommen begegnete, so freundlich, daß es ihm nicht bloß schmeichelte, sondern ihn auch in die denkbar beste Stimmung versetzte.
Diese Stimmung nahm er dann mit nach Haus, in seine behagliche Hansen'sche Wohnung, und als er Tags darauf bei seinem Frühstücke saß, kam ihm das prickelnd Anregende des Kopenhagener Hoslebens so recht aufs Neue