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Deutsche Rundschau.
schichten fast immer in die Erntezeit fallen. Und Pink war sonst ein ungewöhnlich tüchtiger Mann, hier leider am Unrechten Fleck. Aber lassen wir das; Wille wird schon unruhig."
Bei Tische hörte Briest besser zu; das gute Einvernehmen mit dem Vetter, von dem ihm viel erzählt wurde, hatte seinen Beifall, weniger das Verhalten gegen Tante Therese. Man sah aber deutlich, daß er inmitten seiner Mißbilligung sich eigentlich darüber freute; denn ein kleiner Schabernack entsprach ganz seinem Geschmack, und Tante Therese war wirklich eine lächerliche Figur. Er hob sein Glas und stieß mit Frau und Tochter an. Auch als nach Tisch einzelne der hübschesten Einkäufe vor ihm ansgepackt und seiner Beurtheilung unterbreitet wurden, verrieth er viel Interesse, das selbst noch anhielt,' oder wenigstens nicht ganz hinstarb, als er die Rechnung überflog. „Etwas theuer, oder sagen wir lieber sehr theuer; indessen es thut nichts. Es hat Alles so viel eine, ich möchte sagen so viel Animirendes, daß ich deutlich fühle, wenn Du mir solchen Koffer und solche Reisedecke zu Weihnachten schenkst, so sind wir zu Ostern auch in Rom und machen nach achtzehn Jahren unsere Hochzeitsreise. Was meinst Du, Luise? Wollen wir nachexerciren? Spät kommt Ihr, doch Ihr kommt."
Frau von Briest machte eine Handbewegung, wie wenn sie sagen wollte: „unverbesserlich," und überließ ihn im Uebrigen seiner eigenen Beschämung, die aber nicht groß war.
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Ende August war da, der Hochzeitstag (3. October) rückte näher, und sowohl im Herrenhause wie in der Pfarre und Schule war man unausgesetzt bei den Vorbereitungen zum Polterabend. Jahnke, getreu seiner Fritz Reuter- Passion, hatte sich's als etwas besonders „Sinniges" ansgedacht, Bertha und Hertha als Lining und Mining auftreten zu lassen, natürlich plattdeutsch, während Hulda das Käthchen von Heilbronn in der Hollnnderbaumscene darstellen sollte, Lieutenant Engelbrecht von den Husaren als Wetter von Strahl. Niemeyer, der sich den Vater der Idee nennen durfte, hatte keinen Augenblick gesäumt, auch die verschämte Nutzanwendung auf Jnnstetten und Effi hinzuzudichten. Er selbst war mit seiner Arbeit zufrieden und hörte, gleich nach der Leseprobe, von allen Betheiligten viel Freundliches darüber, freilich mit Ausnahme seines Patronatsherrn und alten Freundes Briest, der, als er die Mischung von Kleist und Niemeyer mit angehört hatte, lebhaft protestirte, wenn auch keineswegs aus literarischen Gründen. „Hoher Herr und immer wieder Hoher Herr — was soll das? Das leitet in die Irre, das verschiebt Alles. Jnnstetten, unbestritten, ist ein famoses Menschenexemplar, Mann von Charakter und Schneid', aber die Briest's — verzeih' den Berolinismus, Luise — die Briest's sind schließlich auch nicht von schlechten Eltern. Wir sind doch nun 'mal eine historische Familie, laß mich hinzufügen Gott sei Dank, und die Jnnstetten's sind es nicht; die Jnnstetten's sind bloß alt, meinetwegen Uradel, aber was heißt Uradel? Ich will nicht, daß eine Briest oder doch mindestens eine Polterabendfigur, in der Jeder das Widerspiel unserer Effi erkennen