Effi Briest.
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Dir „Gewiß. Und ich glaube, Niemeyer sagte nachher sogar, er sei auch ein
Mann von Grundsätzen. Und das ist, glaub' ich, noch etwas mehr. Ach, und ken. ich ... ich habe keine. Sieh', Mama, da liegt Etwas, was mich quält und
! er ängstigt. Er ist so lieb und gut gegen mich und so nachsichtig, aber ... ich
fürchte mich vor ihm."
^ Fünstes Kapitel,
der
äre, Die Hohen-Cremmer Festtage lagen zurück; Alles war abgereist, auch das
junge Paar, noch am Abend des Hochzeitstages, cht. Der Polterabend hatte Jeden zufrieden gestellt, besonders die Mitspielen
den, und Hulda war dabei das Entzücken aller jungen Officiere gewesen, soso Wohl der Rathenower Husaren wie der etwas kritischer gestimmten Kameraden en? vom Alexander-Regiment. Ja, Alles war gut und glatt verlaufen, fast über Erwarten. Nur Bertha und Hertha hatten so heftig geschluchzt, daß Jahnke's tha plattdeutsche Verse so gut wie verloren gegangen waren. Aber auch das hatte ich wenig geschadet. Einige seine Kenner waren sogar der Meinung gewesen, „das
rnir sei das Wahre; Steckenbleiben und Schluchzen und Unverständlichkeit — in
nrd diesem Zeichen (und nun gar, wenn es so hübsche rothblonde Krausköpse
jon wären) werde immer am entschiedensten gesiegt." Eines ganz besonderen
hts Triumphes hatte sich Vetter Briest in seiner selbstgedichteten Rolle rühmen
am dürfen. Er war als Demuth'scher Commis erschienen, der in Erfahrung
ich gebracht, die junge Braut habe vor, gleich nach der Hochzeit nach Italien zu reisen, weshalb er einen Reisekosfer abliefern wolle. Dieser Koffer entpuppte sich natürlich als eine Riesenbonbonnibre von Hövel. Bis um drei Uhr war getanzt worden, bei welcher Gelegenheit der sich mehr und mehr in eine höchste Champagnerstimmung hineinredende alte Briest allerlei Bemerkungen tge. über den an manchen Höfen immer noch üblichen Fackeltanz und die merk-
hen würdige Sitte des Strumpfband-Austanzens gemacht hatte, Bemerkungen,
die nicht abschließen wollten und sich immer mehr steigernd, am Ende so auf weit gingen, daß ihnen durchaus ein Riegel vorgeschoben werden mußte.
„Nimm Dich zusammen, Briest," war ihm in ziemlich ernstem Tone von seiner Frau zugeflüstert worden; „Du stehst hier nicht, um Zweideutigkeiten zu sagen, sondern um die Honneurs des Hauses zu machen. Wir haben eben ül- eine Hochzeit und nicht eine Jagdpartie." Worauf Briest geantwortet, „er
so sähe darin keinen so großen Unterschied; übrigens sei er glücklich." md Auch der Hochzeitstag selbst war gut verlaufen. Niemeyer hatte vor-
' züglich gesprochen, und einer der alten Berliner Herren, der halb und halb
zur Hofgesellschaft gehörte, hatte sich aus dem Rückwege von der Kirche zum ms Hochzeitshause dahin geäußert, es sei doch merkwürdig, wie reich gesät in
Vir einem Staate, wie der unsrige, die Talente seien. „Ich sehe darin einen
ine Triumph unserer Schulen und vielleicht mehr noch unserer Philosophie. Wenn
Hu, ich bedenke, dieser Niemeyer, ein alter Dorspastor, der Anfangs aussah wie ein
ü." Hospitalit ... ja, Freund, sagen Sie selbst, hat er nicht gesprochen wie ein
Hosprediger. Dieser Tuet und diese Kunst der Antithese, ganz wie Kögel und an Gefühl ihm noch über. Kögel ist zu kalt- Freilich ein Mann in seiner