Heft 
(1894) 81
Seite
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Effi Briest.

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Benutzung einer schräg laufenden Allee, die dieReeperbahn" hieß, ging sie mit Roswitha auf die landräthliche Wohnung zu.

Vierzehntes Capitel.

Keine Viertelstunde, so war die Wohnung erreicht. Als beide hier in den kühlen Flur traten, war Roswitha beim Anblick all' des Sonderbaren, das da umher hing, wie besangen; Effi aber ließ sie nicht zu weiteren Be­trachtungen kommen und sagte:Roswitha, nun gehen Sie da hinein. Das ist das Zimmer, wo wir schlafen. Ich will erst zu meinem Manne nach dem Landrathsamte hinüber das große Haus da neben dem kleinen, in dem Sie gewohnt haben und will ihm sagen, daß ich Sie zur Pflege haben möchte bei dem Kinde. Er wird Wohl mit Allem einverstanden sein, aber ich mnß doch erst seine Zustimmung haben. Und wenn ich die habe, dann müssen wir ihn ausquartiren, und Sie schlafen mit mir in dem Alkoven. Ich denke, wir werden uns schon vertragen."

Jnnstetten, als er erfuhr, um Was sich's handle, sagte rasch und in guter Laune:Das hast Du recht gemacht, Effi, und wenn ihr Gesindebuch nicht zu schlimme Sachen sagt, so nehmen Wir sie auf ihr gutes Gesicht hin. Es ist doch, Gott sei Dank, selten, daß einen das täuscht."

Effi war sehr glücklich, so wenig Schwierigkeiten zu begegnen, und sagte: Nun wird es gehen. Ich fürchte mich jetzt nicht mehr."

Um was, Effi?"

Ach, Du weißt ja . . . Aber Einbildungen sind das Schlimmste, mit­unter schlimmer als Alles."

Roswitha zog in selbiger Stunde noch mit ihren paar Habseligkeiten in das landräthliche Haus hinüber und richtete sich in dem kleinen Alkoven ein. Als der Tag um war, ging sie früh zu Bett und schlief, ermüdet Wie sie war, gleich ein.

Am anderen Morgen erkundigte sich Effi die seit einiger Zeit (denn es war gerade Vollmond) wieder in Aengsten lebtewie Roswitha geschlafen und ob sie nichts gehört habe?

Was?" fragte diese.

O, nichts. Ich meine nur so; so 'was Wie Wenn ein Besen fegt oder wie wenn einer über die Diele schlittert."

Roswitha lachte, was auf ihre junge Herrin einen besonders guten Ein­druck machte. Effi war fest protestantisch erzogen und würde sehr erschrocken gewesen sein. Wenn man an und in ihr'was Katholisches entdeckt hätte; trotz­dem glaubte sie, daß der Katholicismus uns gegen solche Dingewie da oben" besser schütze; ja, diese Betrachtung hatte bei dem Plane, Roswitha ins Haus zu nehmen, ganz erheblich mitgewirkt.

Man lebte sich schnell ein, denn Effi hatte ganz den liebenswürdigen Zug der meisten märkischen Landsräulein, sich gern allerlei kleine Geschichten