Heft 
(1894) 81
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Deutsche Rundschau.

die Vertheilung der Last unter die verschiedenen Steuergattungen an die obigen Regeln nach Maßgabe der staatlich veranlagten Realsteuern gebunden, und nur sün die Unterverth ei lung unter die einzelnen Steuerpflichtigen gelten die Ver­anlagungsergebnisse derbesonderen" Realsteuern. Selbstverständlich kann ein der­artig sonderbares Verhältniß aus die Dauer sich gar nicht halten. Kataster, welche so unhaltbar sind, daß man der Gemeinde gestatten muß, sie umzustoßen, können nicht als Grundlage sür die Vertheilung der Last unter die verschiedenen socialen Gruppen bestehen bleiben. Jene Sätze des Communalabgabengesetzes haben daher in der Hauptsache nur eine programmatische Bedeutung. Innerhalb derselben regen sich jetzt die verschiedensten Steuerpläue. Man begnügt sich keineswegs damit, den Grundbesitz bloß nach dem neuen Kataster veranlagen zu wollen, sondern man spricht bereits in den Großstädten von einer progressiven Grundsteuer, progressiv namentlich nach Maßgabe der größeren oder geringeren, schnelleren oder langsameren Werth­steigerung.

Bis zu einem gewissen Grade ist das Gesetz selbst derartigen Bestrebungen entgegengekommen. Daß eine Baufläche vor den Thoren Berlins mit fünf oder zehn Mark zur Grundsteuer veranlagt wird, weil sie in dein ewigen Kataster von 1861 alsKartoffelland" geführt wird, ist eine so kreischende Lächerlichkeit, daß man ihr wenigstens durch eine Specialbestimmung des Gesetzes abhelfen mußte. Sobald die Gemeinde eine Baufluchtline sestsetzt, kann sie die Grundstücke, welche dadurch im Werthe steigen, nach Maßgabe dieser Werthsteigerung mit einer be­sonderenBauplatzstener" belegen. Aus diese treffen jene obigen Vertheilungs­regeln nicht zu. Sie steht gesetzlich außerhalb der sonstigen Steuerversassung. In ähnlicher Weise wie die Bauplatzstener von der Grundsteuer, ist die besondere Abgabe aus den Schankbetrieb, die sogenannte Betriebssteuer, von der Gewerbesteuer losgelöst. Sie soll nach ihrem finanziellen Zwecke auch einer Verhinderung allzu üppiger Vermehrung der Schankstellen dienen. Daher sind die Gemeinden zu ihrer Erhebung verpflichtet, ohne Rücksicht auf das Finanzbedürsniß.

Das Gesetz wünscht aber auch den Bedarf, welcher durch diese allgemeinen Steuern insgesammt zu decken ist, nach Möglichkeit einznengen. Vorweg sollen solche Leistungen der Gemeinde, die überwiegend nicht sür die Gesammtheit, sondern sür Einzelne geschehen, von diesen Einzelnen bezahlt werden. Hierzu dient das neueingeführte System derGebühren und Beiträge". Wer Gemeinde­anstalten benutzt, soll sie bezahlen, und zwar sollen dieseBenutzungsgebühren" in der Regel so bemessen werden, daß die gesammten Kosten der Veranstaltung ein­schließlich einer Verzinsung des Anlagekapitals daraus allein gedeckt werden. Aller­dings, wenn eine Gemeinde eine Kanalisation herstellt und die Einwohner zum An­schluß zwingt, oder wenn eine Gemeinde einen Flußhafen in der Art anlegt, daß durch die Natur der Sache jeder Schiffer aus die Benutzung des Hafens geradezu angewiesen ist, so ist, da ein Theil der Veranstaltung aus das öffentliche Interesse gerechnet werden kann, eine Ermäßigung der Gebühren gestattet. Aus Unterrichts- und Bildungsanstalten finden die Vorschriften über Gebührenregelung keine Anwendung. Doch muß an höheren Lehranstalten und Fachschulen einangemessenes Schulgeld" erhoben werden. Hier greift die Steuerversassung mitten in die Verfassung unseres Bildungswesens hinein. Eine Anzahl Gemeinden haben bereits aus dieser Be­stimmung Veranlassung genommen, das Schulgeld zu erhöhen. An sich ist es wohl gerechtfertigt, daß höhere Schulen, die überwiegend von den vermögenden Volksklassen benutzt werden, sich überwiegend durch die Beiträge der Benutzenden decken sollen. Allein andererseits ist die Erhöhung des Schulgeldes gleichzeitig eine Erhöhung der Steuer, welche die minder Vermögenden von dem Zugang zur Gymnasialbildung und damit zum zukünftigen Beamtenthum abhält. Die richtige Regelung wäre es, wenn man das Schulgeld zwar erhöhte, aber jeder Erhöhung die Schaffung einer Anzahl Freistellen und Halbsreistellen zur Seite gehen ließe. Die Ueberzeugung, daß unser gegenwärtiges studirtes Beamtenthum sich keines-