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Deutsche Rundschau.
„Eben neun."
„Und der Herr . . es wollt' ihr nicht glücken, so ohne Weiteres von ihrem „Manne" zu sprechen . . . „der Herr, er muß sehr leise gemacht haben; ich habe nichts gehört."
„Das hat er gewiß. Und gnäd'ge Frau werden sest geschlafen haben. Nach der langen Reise . . ."
„Ja, das Hab' ich. Und der Herr, ist er immer so früh auf?"
„Immer, gnäd'ge Frau. Darin ist er streng; er kann das lange Schlafen nicht leiden, und wenn er drüben in sein Zimmer tritt, da muß der Ofen warm sein, und der Kaffee darf auch nicht auf sich warten lassen."
„Da hat er also schon gefrühstückt?"
„O nicht doch, gnäd'ge Frau ... der gnäd'ge Herr . . ."
Efsi fühlte, das sie die Frage nicht hätte thun und die Vermnthung, Jnnstetten könne nicht auf sie gewartet haben, lieber nicht hätte aussprechen sollen. Es lag ihr denn auch daran, diesen ihren Fehler so gut es ging wieder anszugleichen, und als sie sich erhoben und por dem Trnmeau Platz genommen hatte, nahm sie das Gespräch wieder aus und sagte: „Der Herr hat übrigens ganz recht. Immer früh auf, das war auch Regel in meiner Eltern Hause. Wo die Leute den Morgen verschlafen, da gibt es den ganzen Tag keine Ordnung mehr. Aber der Herr wird es so streng mit mir nicht nehmen; eine ganze Weile Hab' ich diese Nacht nicht schlafen können und habe mich sogar ein Wenig geängstigt."
„Was ich hören muß, gnäd'ge Frau! Was war es denn?"
„Es war über mir ein ganz sonderbarer Ton, nicht laut, aber doch sehr eindringlich. Erst klang es, wie wenn lange Schleppenkleider über die Diele hinschleiften, und in meiner Erregung war es mir ein paar mal, als ob ich kleine Weiße Atlasschuhe sähe. Es war, als tanze man oben, aber ganz leise."
Johanna, während das Gespräch so ging, sah über die Schulter der jungen Frau fort in den hohen schmalen Spiegel hinein, um die Mienen Efsi's besser beobachten zu können. Dann sagte sie: „Ja, das ist oben im Saal. Früher hörten wir es in der Küche auch. Aber jetzt hören wir es nicht mehr; wir haben uns daran gewöhnt."
„Ist es denn etwas Besonderes damit?"
„O Gott bewahre, nicht im Geringsten. Eine Weile wußte man nicht recht, woher es käme, und der Herr Prediger machte ein verlegenes Gesicht, trotzdem Doctor Gieshübler immer nur darüber lachte. Nun aber wissen wir, daß es die Gardinen sind. Der Saal ist etwas multrig und stockig und deshalb stehen immer die Fenster aus, wenn nicht gerade Sturm ist. Und da ist denn fast immer ein starker Zug oben und fegt die alten, Weißen Gardinen, die außerdem viel zu lang sind, über die Dielen hin und her. Das klingt dann so wie seid'ne Kleider, oder auch wie Atlasschuhe, wie die gnäd'ge Frau eben bemerkten."
„Natürlich ist es das. Aber ich begreife nur nicht, warum dann die Gardinen nicht abgenommen werden. Oder man könnte sie ja kürzer machen. Es ist ein so sonderbares Geräusch, das Einem ans die Nerven fällt. Und nun,