Effi Briest.
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davon erzählt hatte, dann aber waren sie von der Küche wieder in den Flur zurück- und von diesen: in den Hos hinausgetreten, der in seiner ersten Hälfte nicht viel mehr als ein, zwischen zwei Seitenflügeln hinlausender ziemlich schmaler Gang war. In diesen Flügeln war Alles untergebracht, was sonst noch zu Haushalt und Wirtschaftsführung gehörte, rechts Mädchenstube, Be- dientenstube, Rollkammer, links eine zwischen Pferdestall und Wagenremise gelegene, von der Familie Kruse bewohnte Kutscherwohnung, lieber dieser, in einem Verschlage, waren die Hühner einlogirt und eine Dachklappe über dem Pferdestall bildeten Aus- und Einschlups für die Tauben. All' dies hatte sich Effi mit vielem Interesse angesehen, aber dies Interesse sah sich doch weit überholt, als sie, nach ihrer Rückkehr vom Hof ins Vorderhaus, unter Jnnstetten's Führung die nach oben führende Treppe hinaufgestiegen war. Diese war schief, baufällig, dunkel; der Flur dagegen, auf den sie mündete, wirkte beinah'heiter, weil er viel Licht und einen guten landschaftlichen Ausblick hatte: nach der einen Seite hin, über die Dächer des Stadtrandes und die „Plantage" fort, aus eine hoch auf einer Düne stehende holländische Windmühle, nach der anderen Seite hin aus die Kessine, die hier, unmittelbar vor ihrer Einmündung, ziemlich breit war und einen stattlichen Eindruck machte. Diesem Eindruck konnte man sich unmöglich entziehen, und Effi hatte denn auch nicht gesäumt, ihrer Freude lebhaften Ausdruck zu geben. „Ja, sehr schön, sehr malerisch," hatte Jnnstetten, ohne weiter daraus einzugehen, geantwortet, und dann eine mit ihren Flügeln etwas schief hängende Doppelthür geöffnet, die nach rechts hin in den sogenannten Saal führte. Dieser lief durch die ganze Etage; Vorder- und Hinterfenster standen aus, und die mehr erwähnten langen Gardinen bewegten sich in dem starken Luftzuge hin und her. In der Mitte der einen Längswand sprang ein Kamin vor mit einer großen Steinplatte, während an der Wand gegenüber ein Paar blecherne Leuchter hingen, jeder mit zwei Lichtöffnungen, ganz so wie unten im Flur, aber Alles stumpf und ungepflegt. Effi war einigermaßen enttäuscht, sprach es auch aus und erklärte, statt des öden und ärmlichen Saals, doch lieber die Zimmer an der gegenübergelegenen Flurseite sehen zu wollen. „Da ist nun eigentlich vollends nichts," hatte Jnnstetten geantwortet, aber doch die Thüren geöffnet. Es befanden sich hier vier einfenstrige Zimmer, alle gelb getüncht, gerade wie der Saal, und ebenfalls ganz leer. Nur in einem standen drei Binsenstühle, die durchgeseffen waren, und an die Lehne des einen War ein kleines, nur einen halben Finger langes Bildchen geklebt, das einen Chinesen darstellte, blauer Rock mit gelben Pluderhosen und einen stachen Hut aus dem Kopf. Esst sah es und sagte: „Was soll der Chinese?" Jnnstetten selber schien von dem Bildchen überrascht und versicherte, daß er es nicht Wisse. „Das hat Christel angeklebt oder Johanna. Spielerei. Du kannst sehen, es ist aus einer Fibel herausgeschnitten." Effi fand es auch und war nur verwundert, daß Jnnstetten Alles so ernsthaft nahm, als ob es doch Etwas sei. Dann hatte sie noch einmal einen Blick in den Saal gethan und sich dabei dahin geäußert. Wie es doch eigentlich schade sei, daß das Alles leer stehe. „Wir haben unten ja nur drei Zimmer, und Wenn uns wer besucht, so wissen Wir nicht aus, noch ein. Meinst Du nicht, daß man aus dem Saal zwei hübsche Fremdenzimmer