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Deutsche Rundschau.
machen könnte. Das wäre so was für die Mama; nach hinten heraus könnte sie schlafen und hätte den Blick auf den Fluß und die beiden Moolen, und vorn hätte sie die Stadt und die holländische Windmühle. In Hohen-Cremmen haben wir noch immer bloß eine Bockmühle. Nun sage, was meinst Du dazu? Nächsten Mai wird doch die Mama Wohl kommen."
Jnnstetten war mit Allem einverstanden gewesen und hatte nur zum Schlüsse gesagt: „Alles ganz gut. Aber es ist doch am Ende besser, wir logiren die Mama drüben ein, auf dem Landrathsamt; die ganze erste Etage steht da auch leer, und sie ist da noch mehr für sich."
Das war so das Resultat des ersten Umgangs im Hause gewesen; dann hatte Esst drüben ihre Toilette gemacht, nicht ganz so schnell wie Jnnstetten angenommen, und nun saß sie in ihres Gatten Zimmer und beschäftigte sich in ihren Gedanken abwechselnd mit dem kleinen Chinesen oben und mit Gieshübler, der noch immer nicht kam. Vor einer Viertelstunde war freilich ein kleiner, schiefschultriger und fast schon so gut wie verwachsener Herr in einem kurzen eleganten Pelzrock und einem hohen sehr glatt gebürsteten Cylinder an der anderen Seite der Straße vorbeigegangen und hatte nach ihrem Fenster hinübergesehen. Aber das konnte Gieshübler Wohl nicht gewesen sein! Nein, dieser schiefschultrige Herr, der zugleich etwas so Distingnirtes hatte, das mußte der Herr Gerichtspräsident gewesen sein, und sie entsann sich auch wirklich, in einer Gesellschaft bei Tante Therese, mal einen solchen gesehen zu haben, bis ihr mit einem Male einfiel, daß Kessin bloß einen Amtsrichter habe.
Während sie diesen Betrachtungen noch nachhing, wurde der Gegenstand derselben, der augenscheinlich erst eine Morgen- oder vielleicht auch eine Er- muthigungspromenade um die Plantage herum gemacht hatte, wieder sichtbar, und eine Minute später erschien Friedrich, um Apotheker Gieshübler anzumelden.
„Ich lasse sehr bitten."
Der armen jungen Frau schlug das Herz, weil es das erste Mal war, daß sie sich als Hausfrau und noch dazu als erste Frau der Stadt zu zeigen hatte.
Friedrich hals Gieshübler den Pelzrock ablegen und öffnete dann wieder die Thür.
Efsi reichte dem verlegen Eintretenden die Hand, die dieser mit einem gewissen Ungestüm küßte. Die junge Frau schien sofort einen großen Eindruck aus ihn gemacht zu haben.
„Mein Mann hat mir bereits gesagt . . . Aber ich empfange Sie hierin meines Mannes Zimmer, ... er ist drüben aus dem Amt und kann jeden Augenblick zurück sein . . . Darf ich Sie bitten, bei mir eintreten zu wollen."
Gieshübler folgte der voranschreitenden Efsi ins Nebenzimmer, wo diese auf einen der Fauteuils wies, während sie sich selbst in das Sopha setzte. „Daß ich Ihnen sagen könnte, welche Freude Sie mir gestern durch die schönen Blumen und Ihre Karte gemacht haben. Ich hörte sofort auf. mich hier als eine Fremde zu fühlen, und als ich dies Jnnstetten aussprach, sagte er mir, wir würden überhaupt gute Freunde sein. '