Heft 
(1894) 81
Seite
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Effi Briest.

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Sagte er so? Der gute Herr Landrath. Ja, der Herr Landrath und Sie, meine gnädigste Frau, da sind, das bitte ich sagen zu dürfen, zwei liebe Menschen zu einander gekommen. Denn wie Ihr Herr Gemahl ist, das weiß ich, und wie Sie sind, meine gnädigste Frau, das sehe ich."

Wenn Sie nur nicht mit zu freundlichen Augen sehen. Ich bin so sehr- jung. Und Jugend . .

Ach, meine gnädigste Frau, sagen Sie nichts gegen die Jugend. Die Jugend, auch in ihren Fehlern ist sie noch schön und liebenswürdig, und das Alter, auch in seinen Tugenden taugt es nicht viel. Persönlich kann ich in dieser Frage freilich nicht mitsprechen, vom Alter Wohl, aber von der Jugend nicht, denn ich bin eigentlich nie jung gewesen. Personen meines Schlages sind nie jung. Ich darf Wohl sagen, das ist das Traurigste von der Sache. Man hat keinen rechten Muth, man hat kein Vertrauen zu sich selbst, man wagt kaum, eine Dame zum Tanz aufzufordern, weil man ihr eine Verlegenheit ersparen will, und so gehen die Jahre hin, und man wird alt, und das Leben war arm und leer."

Effi gab ihm die Hand.Ach, Sie dürfen so was nicht sagen. Wir Frauen sind gar nicht so schlecht."

O, nein, gewiß nicht . . ."

Und wenn ich mir so zurückrufe," fuhr Effi fort,was ich Alles erlebt habe . . . viel ist es nicht, denn ich bin wenig herausgekommen, und habe fast immer auf dem Lande gelebt . . . aber wenn ich es mir zurückruse, so finde ich doch, daß wir immer das lieben, was liebenswerth ist. lind dann sehe ich doch auch gleich, daß Sie anders sind als Andere, dafür haben wir Frauen ein scharfes Auge. Vielleicht ist es auch der Name, der in Ihrem Falle mitwirkt. Das war immer eine Lieblingsbchauptnng unseres alter: Pastors Niemeher; der Name, so liebte er zu sagen, besonders der Taufname, habe was geheimnißvoll Bestimmendes, und Alonzo Gieshübler, so mein' ich, schließt eine ganz neue Welt vor Einem auf, ja, fast möcht' ich sagen dürfen, Alonzo ist ein romantischer Name, ein Preciosa-Name."

Gieshübler lächelte mit einem ganz ungemeinen Behagen und fand den Muth. seinen für seine Verhältnisse viel zu hohen Cylinder, den er bis dahin in der Hand gedreht hatte, bei Seite zu stellen.Ja, meine gnädigste Frau, da treffen Sie's."

O, ich verstehe. Ich habe von den Konsuln gehört, deren Kessin so viele haben soll, und in dem Hause des spanischen Konsuls hat Ihr Herr Vater muthmaßlich die Tochter eines seemännischen Capitanos kennen gelernt, wie ich annehme irgend eine schöne Andalusierin. Andalusierinnen sind immer schön."

Ganz wie Sie vermuthen, meine Gnädigste. Und meine Mutter war wirklich eine schöne Frau, so schlecht es mir persönlich zusteht, die Beweis­führung zu übernehmen. Aber als Ihr Herr Gemahl vor drei Jahren hier­her kam, lebte sie noch und hatte noch ganz die Feueraugen. Er wird es mir bestätigen. Ich persönlich bin mehr ins Gieshübler'sche geschlagen, Leute von wenig Exterieur, aber sollst leidlich im Stande. Wir sitzen hier schon in der