Heft 
(1894) 81
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Efsi Bricst.

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großer Fragen. In Rothenmoor Lei den Vorcke's und dann auch bei den Familien in Morgnitz und Dabergotz war sie fürrationalistisch angekränkelt," bei den Grasenabb's in Kroschentin aber rundweg für eineAtheistin" erklärt worden. Allerdings hatte die alte Frau v. Grasenabb, eine Süddeutsche (geborene Stiefel v. Stiefelstein), einen schwachen Versuch gemacht, Esst wenigstens für den Deismus zu retten; Sidonie v. Grasenabb aber, eine dreiundvierzigjährige alte Jungfer, war barsch dazwischengesahren:Ich sage Dir, Mutter, einfach Atheistin , kein Zoll breit weniger, und dabei bleibt es," woraus die Alte, die sich vor ihrer eigenen Tochter fürchtete, klüglich geschwiegen hatte.

Die ganze Tonrnse hatte so ziemlich zwei Wochen gedauert, und es war am 2. December, als man, zu schon später Stunde, von dem letzten dieser Besuche nach Kessin zurückkehrte. Dieser letzte Besuch hatte den Güldenklee's aus Papenhagen gegolten, bei welcher Gelegenheit Jnnstetten dem Schicksal nicht entgangen war, mit dem alten Güldenklee politisiren zu müssen.Ja, theuerster Landrath, wenn ich so den Wechsel der Zeiten bedenke! Heute vor einem Menschenalter oder ungefähr so lange, sa, da war auch ein zweiter December und der gute Louis und Napoleons-Neffe wenn er so 'was war und nicht eigentlich ganz wo anders herstammte, der kartätschte damals aus die Pariser Canaille. Na, das mag ihm verziehen sein, für so 'was war er der rechte Mann, und ich halte zu dem Satze: ,Jeder hat es gerade so gut und so schlecht, wie er's verdient/ Aber daß er nachher alle Schätzung verlor und anno 70 so mir nichts dir nichts auch mit uns anbinden wollte, sehen Sie, Baron, das war, ja wie sag' ich, das war eine Insolenz. Es ist ihm aber auch heimgezahlt worden. Unser Alter da oben läßt sich nicht spotten, der steht zu uns."

Ja," sagte Jnnstetten, der klug genug war, auf solche Philistereien an­scheinend ernsthaft einzugehen:der Held und Eroberer von Saarbrücken wußte nicht, was er that. Aber Sie dürfen nicht zu streng mit ihm Per­sönlich abrechnen. Wer ist am Ende Herr in seinem Hause? Niemand. Ich richte mich auch schon daraus ein, die Zügel der Regierung in andere Hände zu legen, und Louis Napoleon, nun, der war vollends ein Stück Wachs in den Händen seiner katholischen Frau, oder sagen wir lieber, seiner jesuitischen Frau."

Wachs in den Händen seiner Frau, die ihm dann eine Nase drehte. Natürlich, Jnnstetten, das war er. Aber damit wollen Sie diese Puppe doch nicht etwa retten? Er ist und bleibt gerichtet. An und für sich ist es übrigens noch gar nicht 'mal erwiesen," und sein Auge suchte bei diesen Worten etwas ängstlich nach dem Auge seiner Frau,ob nicht Frauenherrschast eigentlich als ein Vorzug gelten kann; nur freilich, die Frau muß danach sein. Aber wer war diese Frau? Sie war überhaupt keine Frau, im gün­stigsten Falle war sie eine Dame, das sagt Alles;Dame" hat beinah immer etnen Beigeschmack. Diese Eugenie über deren Verhältniß zu dem jüdischen Bankier ich hier gern hingehe, denn ich hasse Tugendhochmuth hatte 'was vom Oats eimutaut, und wenn die Stadt, in der sie lebte, das Babel war, so war sie das Weib von Babel. Ich mag mich nicht deutlicher ausdrücken, denn ich