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Deutsche Rundschau.
folgend, zwei alte Weiber zu seinem Schutz in den Laden setzt, die den Teufel hinausprügeln. Das Ganze äußerst lustig und harmlos, mit einem Witzchen gegen die armen Schwiegermütter gepfeffert. Nun ist es mehr bühnenwirksame Tradition als persönliche Meinung, wenn Hans Sachs in zahlreichen Fastnachtspielen die alten Weiber so gesalzen hinstellt und den jungen eine geringe häusliche Zucht beimißt. Er selbst war nie ein Buhler, nie ein Weiberfeind. Den einfachen Rath: „Spart eure Lieb' bis in die Eh', Habt Eine lieb, dann keine meh", hat der stattliche Mann, der uns aus Brosamer's Holzschnitt so liebenswürdig anschaut, von Herzen gesprochen. Eine lange Ehe mit seiner Kunigunde hat ihn beglückt, aber auch mit tiefer Trauer heimgesucht; denn ergreifend klingt nach manchem Ruhm und Preis seine Klage: „Welche mir gebar sieben Kind, Die all in Gott verschieden sind." Er weinte 1760 um die liebe Hausfrau — ein Jahr später aber freite er die schöne Barbara Harscher und schloß das reizende „Künstlich Frauenlob" mit dem Jubelrus: die heißt nun Barbara Sächsin!
„So wird die Liebe nimmer alt,
Und wird der Dichter nimmer kalt."
Dichterjubiläen werden am Besten durch Versenkung in die Werke gefeiert und haben überhaupt nur ein Recht, wo auch unzünftige Literatur- freunde sich dies und jenes noch vor Aug' und Herz halten. Die „Andacht liturgischer Lection" ist für Hans Sachs nicht vorbei. Rege Forschung ist ihm gewidmet. Ein würdiges Buch freilich, das gut sundirt und lesbar wäre, bleibt noch zu erwarten; aber wir wissen, wer es schreiben kann und schreiben wird. Vor der Hand hat ein Franzose uns Deutschen den Rang abgelaufen. Da die große Ausgabe des Stuttgarter literarischen Vereins, deren zuverlässige Fortführung Edmund Götze verdankt wird, nur Wenigen zugänglich sein kann, so möge, wer den guten Alten selbst hören Will, zu den trefflichen und billigen Neudrucken greisen, die Götze den Schwänken und den Fastnachtspielen bereitet hat (Halle, Niemeher). Am Traulichsten aber wirkt Hans Sachs, wenn wir einen der Folianten in gepreßtem Schweinsleder mit Schließen auf den Knieen wiegen, vorn das Bild des Greises beschauen und dann, den großen Schwabacher Lettern folgend, lustwandeln in dem „gemeinen offenen Lustgärt- lein", das nach des Dichters treuherziger Versicherung Kräuter für die Kranken und süße Früchte für die Gesunden trägt.