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Deutsche Rundschau.
Der Glaube an die Vortrefflichkeit der angelsächsischen Rasse und ihre historische Vorausbestimmung zur Weltherrschaft kann keinen entschiedeneren und, wenn man will, naiveren Ausdruck finden als in den Schlußworten der Vorrede zu den „llrodlems ot tim bür Last". Da lesen wir: „Kein Engländer braucht der großen Macht, deren Hand über den ganzen Norden Asiens, von den Bergen des Ural bis zum Stillen Meere ausgestreckt ist, ihre glänzenden Erfolge und ihren Besitz zu mißgönnen; keiner hat eine Veranlassung, aus den neugeborenen asiatischen Eifer unseres nächsten Nachbarn in Europa neidisch zu sein; er kann dem greisenhaften Stolze Chinas und dem überströmenden Ungestüm Japans gleiche Achtung zollen. Aber er wird ersehen, daß die beste Hoffnung aus Rettung für die Schwachen und Hinsterbenden in Asien, die weisesten Lehren für die Emancipirten und Neuen, noch immer in dem überlegenen Einfluß des britischen Charakters und, wo erforderlich, unter dem Schutze britischer Herrschaft zu finden sind. Wenn es mir gelingen sollte, diese Ueberzeugung auch nur in dem geringsten Maße dem Geist meiner Landsleute in der Heimath einzuflößen, fo werde ich nie die Jahre der Reisen und der Arbeit bedauern, die ich dieser mir sympathischen Aufgabe gewidmet habe."
Es ist hier nicht der Ort, die Selbsttäuschung zu beleuchten, die aus der eben angeführten, Wie aus vielen anderen Stellen der „Probleme" spricht; Wohl aber aus der Erklärung des Verfassers die Lehre zu ziehen, die auch für uns in derselben liegt, d. h. nicht zu vergessen, daß auch wir ein berechtigtes Interesse an der Lösung der ostasiatischen Probleme haben und selbst darüber Wachen müssen, daß dieselbe in einem uns günstigen, zum Mindesten in keinem schädlichen Sinne erfolge. Um das aber zu können, müssen wir uns selbst erst über die Fragen, die vorliegen, klar werden, und dazu an der Hand eigener Erfahrung einen Beitrag zu liefern, soll an Nachstehendem versucht werden.
I.
Die Fragen, die man mit Bezug auf China von Fremden und Chinesen am Häufigsten erwähnen gehört hat, sind die Opium- und die Missionarfrage. Beide gehörten, und eine von ihnen gehört wenigstens noch, zu den offenen Schäden des chinesischen Reichs; beide sind oft und viel, absichtlich und unabsichtlich, verdunkelt und verfälscht worden, und in dem Kampf der wider- streitenden Meinungen, Wünsche und Absichten ist es schwer, die Wahrheit zu erkennen und festzuhalten. Beide, Opium und Missionare, find von chinesischer Seite wiederholt, so z. B. durch den Prinzen Kung dem früheren englischen Gesandten, Sir Rutherford Alcock, gegenüber, zu Anfang der siebziger Jahre als die großen llebel bezeichnet worden, an denen China kranke, und an dieser Auffassung hat sich, wenigstens was die Missionare angeht, nichts geändert, obgleich gerade dieselben eifrig bemüht gewesen find, sich durch Bekämpfung des Opiums annehmbarer oder doch erträglicher zu machen.
Opium als Medicament und Genußmittel ist seit langer Zeit, zum Mindesten seit dem 15. Jahrhundert, in China zum Theil über Land, meistens von den Arabern eingeführt worden; es wird unter Anderem unter den Tribut-