Heft 
(1894) 81
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Deutsche Rundschau.

Zeitungen und Journale, schrieb auch Wohl einen Brief an die Mama oder sagte:Roswitha, wir wollen mit Annie spazieren fahren," und dann spannte sich Roswitha vor den Korbwagen und fuhr, während Effi hinterherging, ein paar hundert Schritt in das Wäldchen hinein, auf eine Stelle zu, wo Kastanien ausgestreut lagen, die man nun auslas, um sie dem Kinde als Spielzeug zu geben. In die Stadt kam Essi wenig; es war Niemand recht da, mit dem sie hätte plaudern können, nachdem ein Versuch, mit der Frau von Crampas auf einen Umgangsfuß zu kommen, aufs Nene gescheitert war. Die Majorin War und blieb menschenscheu.

Das ging so wochenlang, bis Essi plötzlich den Wunsch äußerte, mit aus- reiten zu dürfen; sie habe nun 'mal die Passion und es fei doch zu viel ver­langt, bloß um des Geredes der Kessiner willen, ans Etwas zu verzichten, das einem so viel Werth sei. Der Major fand die Sache kapital und Jnn- stetten, dem es augenscheinlich weniger paßte so wenig, daß er immer wieder hervorhob, es werde sich kein Damenpferd finden lassen Jnnstetten mußte nachgeben, als Crampas versicherte,das solle seine Sorge sein". Und richtig, was man wünschte, fand sich auch, und Effi war selig, am Strande hinjagen zu können, jetzt woDamenbad" undHerrenbad" keine scheidenden Schreckensworte mehr waren. Meist war auch Rollo mit von der Partie, und weil es sich ein paarmal ereignet hatte, daß man am Strande zu rasten oder auch eine Strecke Wegs zu Fuß zu machen wünschte, so kam man überein, sich von entsprechender Dienerschaft begleiten zu lassen, zu welchem Behuse des Majors Bursche, ein alter Treptower Ulan, der Knut hieß, und Jnnstetten's Kutscher Kruse zu Reitknechten umgewandelt wurden, allerdings ziemlich un­vollkommen, indem sie, zu Effi's Leidwesen, in eine Phantasie-Livree gesteckt Wurden, darin der eigentliche Beruf beider noch nachspukte.

Mitte October war schon heran, als man, so herausstaffirt, zum ersten Mal in voller Cavalcade ausbrach, in Front Jnnstetten und Crampas, Essi zwischen ihnen, dann Kruse und Knut und zuletzt Rollo, der aber bald, weil ihm das Nachtrotten mißfiel, Allen vorauf war. Als man das jetzt öde Strandhotel passirt und bald danach, sich rechts haltend, auf dem von einer mäßigen Brandung überschäumten Strandwege den diesseitigen Molendamm erreicht hatte, verspürte man Lust, abzusteigen und einen Spaziergang bis an den Kopf der Mole zu machen. Effi war die erste aus dem Sattel. Zwischen den beiden Steindämmen floß die Kessine breit und ruhig dem Meere zu, das Wie eine sonnenbeschienene Fläche, daraus nur hier und da eine leichte Welle kräuselte, vor ihnen lag.

Effi war noch nie hier draußen gewesen, denn als sie vorigen November in Kessin eintraf, war schon Sturmzeit, und als der Sommer kam, war sie nicht mehr im Stande, weite Gänge zu machen. Sie war jetzt entzückt, fand Alles groß und herrlich, erging sich in kränkenden Vergleichen zwischen dem Luch und dem Meer und ergriff, so oft die Gelegenheit dazu sich bot, ein Stück angeschwemmtes Holz, um es nach links hin in die See oder nach rechts hin in die Kessine zu Wersen. Rollo war immer glücklich, im Dienste seiner Herrin sich nachstürzen zu können; mit einem Mal aber wurde seine Aus-