Zum Glück sorgte das Wetter dafür, daß ich nicht in den bodenlosen Abgrund unfruchtbarer Specnlation versank. Die Wolkenschicht, die langsam zusammeugerückt war, entlud sich, da ick eben die ersten Häuser erreichte, mit solcher Gewalt, daß ich erst abwarten mußte, was daraus wurde, eh' ich den Fahrweg nach dem Gute betrat. Ich flüchtete natürlich in's Wirthshaus. Auch hatte ich eine gewisse Neugier, den vielbelobten Landrichterssohn an diesem Tage zu sehen, wo sein altes Liebchen sich aus der Welt geschlichen, um seinem neuen den Platz zu räumen.
Nun, es war eine Honoratioren-Hochzeit wie andere mehr. Ich tonnte durch die offene Thüre in den Saal sehen, wo die Tafel längst abgeräumt war, um Raum zu schaffen für den Ball. Das junge Paar fiel mir sogleich in die Augen, nicht eben unvortheilhaft, er ein Mensch ganz wie ich ihn mir gedacht hatte, so ein Friseurkopf, wie ihn die Weiber zu bevorzugen pflegen, mit einem leichtsinnig verwogenen Gesicht, hinter dem nichts steckt. Im Ganzen eben ein „angenehmer Schwerenöther" des gewöhnlichsten Schlages. Tie junge Frau im Myrtenkranz, eine Provinz-Schönheit, die sehr in ihren Gatten verliebt schien, beständig mit ihm tanzen wollte und sich dabei heftiger echaufsirte als lieblich auzuschauen war. Da sie auch reich sein sollte, hatte der Gemahl in der That ein besseres Loos gezogen, als seine schurkische That verdiente, und es war nicht grade zu hoffen, daß die ausgleichende Gerechtigkeit ihn durch diese Heirath für all seine Sünden würde büßen lassen. Auch schien er nicht der Mann, eine solche Buße ruhig hiuzuuehmen, viel weniger sich mit überflüssigen Gedanken über die sittliche Weltordnung nur eine schlaflose Stunde zu machen.
Mich widerte diese schnöde Larve an; ich setzte mich zu den Bauern unten in die Schenkstube und trank mein Glas Bier in sehr verdrossener Laune, während die Decke zu Häupten vom Stampfen und Schleifen der Tanzenden dröhnte und zitterte und der Stromregen an die Fenster schlug.
Das dauerte so länger als eine Stunde, da hörte der Regen auf, die Wolkenfchicht wälzte sich den Bergen zu, und der Mond trat hervor. Ich dachte nun daran, mich wieder nach meinem Einspänner umzusehen, denn für einen Fußgänger war die Straße natürlich nicht praktikabel, und hier zu übernachten wäre bei dem Hochzeitslärm ein schlechtes Auskuuftsmittel gewesen.
Zum Glück fand ich, wie ich eben in's Freie trat, um mich nach jenem alten Rosselenker zu erkundigen, den Kutscher meines Schwagers vor der Thür, den mir die Schwester eben mit dem Jagdwagen geschickt hatte, um mich nach Hause zu holen. Ihm und seinen Gäulen that eine kleine Rast und Stärkung im Trockenen Roth. So verzögerte sich die Heimfahrt, daß ich zu Hause Alle schon im besten Schlaf antraf und erst am folgenden Morgen, als wir Drei beim Frühstück saßen, meine schauerlichen Erlebnisse von gestern berichten konnte.
Wir saßen noch unter dem Eindruck dieses seltsamen Trauerspiels, das