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Theodor Fontane in Berlin.
kleinen, klirrenden Eisenbrettchen hin, die hier als Dielen lagen, bis sie zu der von Kagelmann beschriebenen Stelle kamen, besser beschrieben, als er selber wissen mochte. Wirklich, es war eine phantastisch aus Blattkronen gebildete Laube, fest geschlossen, und überall an den Gurten und Ribben der Wölbung hin, rankten sich Orchideen, die die ganze Kuppel mit ihrem Duft erfüllten. Es athmete sich wonnig aber schwer in dieser dichten Laube, dabei war es als ob hundert Geheimnisse sprächen, und Melanie fühlte, wie dieser berauschende Duft ihre Nerven hinschwinden machte. Sie zählte jenen von äußeren Eindrücken, von Luft und Licht abhängigen Naturen zu, die der Frische bedürfen, um selber frisch zu sein. Ueber ein Schneeseld hin, bei rascher Fahrt und scharfem Ost, — da wär' ihr der heitere Sinn, der tapfere Muth ihrer Seele wiedergekommen, aber diese weiche, schlaffe Luft machte sie selber weich und schlaff, und die Rüstung ihres Geistes lockerte sich und löste sich und siel.
„Anastasia wird uns nicht finden".
„Ich vermisse sie nicht".
„Und doch will ich nach ihr rufen".
„Ich vermisse sie nicht", wiederholte Rubehn und seine Stimme zitterte. „Ich vermisse nur das Lied, das sie damals sang, als wir im Boot über den Strom fuhren. Und nun rathe".
„UouZ-, louZ- a§o ..."
Er schüttelte den Kopf.
„O sah ich auf der Haide dort ..."
„Auch das nicht, Melanie".
„Rohtraut", sagte sie leis'.
Und nun wollte sie sich erheben. Aber er litt es nicht und kniete nieder und hielt sie fest, und sie flüsterten Worte, so heiß und so süß, wie die Luft, die sie athmeteu.
Endlich aber war die Dämmerung gekommen und breite Schatten sielen in die Kuppel. Und als alles immer noch still blieb, stiegen sie die Treppe hinab und tappten sich durch ein Gewirr von Palmen, erst bis in den Mittel- gang und dann in's Freie zurück.
Draußen fanden sie Anastasia.
„Wo Du nur bliebst!" fragte Melanie befangen. „Ich habe mich ge-
ängftigt um Dich und mich. Es ist so. Frage nur. Und nun Hab ich
Kopfweh".
Anastasia nahm unter Lachen den Arm der Freundin und sagte: „Und Du wunderst Dich! Man wandelt nicht ungestraft unter Palmen".
Melanie wurde roth bis an die Schläfe. Aber die Dunkelheit half es ihr verbergen. Und so schritten sie der Villa zu, darin schon die
Lichter brannten.
Alle Thüren und Fenster standen auf, und von den frisch gemähten Wiesen her kam eine balsamische Luft. Anastasia setzte sich an den