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Theodor Fontane in Berlin.
zu bringen und beschwor ihn, ihres Schwagers Haus doch nicht ganz zu vernachlässigen, um ihretwillen nicht und um Melanies willen nicht, aber jedesmal wenn sie den Namen nannte, schlug sie doch verlegen die Augen nieder und brach rasch und ängstlich ab, weil ihr Gryczinski sehr bestimmte Weisungen gegeben hatte, jedwedes Gespräch mit Rubehn entweder ganz zu vermeiden, oder doch ans wenige Worte zu beschränken.
Um vieles heiterer gestalteten sich die kleinen Reunions, wenn die Gryczinskis fehlten und statt ihrer blos die beiden Maler und Fräulein Anastasia zugegen waren. Dann wurde wieder gescherzt und gelacht, wie damals in dem Stralaner Kaffeehaus, und Van der Straaten, der mittlerweile von Besuchen, sogar von häufigen Besuchen gehört hatte, die Rubehn in Anastasia's Wohnung gemacht haben solle, hing in Ausnutzung dieser ihm hinterbrachten Thatsache seiner alten Neigung nach, alle dabei Betheiligten ins Komische zu ziehen und zum Gegenstände seiner Schraubereien zu machen. Er sähe nicht ein, wenigstens für seine Person nicht, warum er sich eines reinen und ans musikalischer Glaubenseinigkeit aufgebauten Verhältnisses nicht aufrichtig freuen solle, ja die Freude darüber würd' ihm einfach als Pflicht erscheinen, wem: er nicht andererseits den alten Satz wieder bewahrheitet fände, daß jedes neue Recht immer nur unter Kränkung alter Rechte geboren werden könne. Das neue Recht, wie der Fall hier lüge, sei durch seinen Freund Rubehn, das alte Recht durch seinen Freund Elimar vertreten, und wenn er diesem letzteren auch gerne zugestehe, daß er in vielen Stücken er selbst geblieben, ja bei Tisch sogar als eine Potenzirung seiner selbst zu erachten sei, so läge doch gerade hierin die nicht wegzuleugnende Gefahr. Denn er wisse wohl, daß dieses Plus an Verzehrung einen furchtbaren Gleischschritt mit Elimars innerem verzehrenden Feuer halte. Wes Namens aber dieses Feuer sei, ob Liebe, Haß oder Eifersucht, das wisse nur der, der in den Abgrund sieht.
In dieser Weise zischten und platzten die reichlich umhergeworsenen Van der Straaten'schen Schwärmer, von deren Sprühsunken sonderbarer Weise diejenigen am wenigsten berührt wurden, aus die sie berechnet waren. Es lag eben alles anders, als der commerzienrüthliche Feuerwerker annahm. Elimar, der sich auf der Stralaner Partie, weit über Wunsch und Willen hinaus engagirt hatte, hatte durch Rubehns anscheinende Rivalität eine Freiheit wiedergewonnen, an der ihm viel, viel mehr als an Anastasias Liebe gelegen war und diese selbst wiederum vergaß ihr eigenes, offenbar im Niedergänge begriffenes Glück, in dem Wonnegefühl, ein anderes hochinteressantes Verhältniß,, unter ihren Augen und ihrem Schutze heranwachsen zu sehen. Sie schwelgte mit jedem Tage mehr in der Rolle der Considenten und weit über das gewöhnliche Maaß hinaus mit dem alten Evahange nach dein Heimlichen und Verbotenen ausgerüstet, zählte sie diese Winterwochen nicht nur zu den angeregtesten ihres an Anregungen so reichen Lebens, sondern erfreute sich nebenher auch noch des unbeschreiblich hohen Glücks, den ihr nrr koirck unbequemen und widerstrebenden Van der Straaten gerade dann am herzlichsten be-