Heft 
(1880) 40
Seite
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L'Abultera.

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aufzwingen, aber ich sehne mich nach Luft und Bewegung. Ach, unbeschreib­lich .. . Mir ist so bang und schwer ..."

Und dann unterbrach sie sich und setzte rasch hinzu:Geben Sie mir Ihren Arm. Ich will zu meiner Schwester. Aber vorher will ich Ball­blumen kaufen und dahin sollen Sie mich begleiten. Eine halbe Stunde nur. Und dann geb' ich Sie frei, ganz frei".

Das dürfen Sie nicht, Melanie. Das werden Sie nicht".

Doch".

Ich will aber nicht frei gegeben sein".

Melanie lachte.So seid ihr. Tyrannisch und eigenmächtig, auch noch in eurer Huld, auch dann noch, wenn ihr uns dienen wollt. Aber

kommen Sie. Sie sollen mir die Blumen aussuchen helfen. Ich vertraue

ganz Ihrem Geschmack. Granatblüthen; nicht wahr?"

Und so gingen sie die große Petristraße hinunter und vom Platz aus durch ein Gewirr kleiner Gassen, bis sie, hart an der Jägerstraße, das Geschäft der Madame Guichard entdeckten, einen kleinen Laden, in dessen Schaufenster ein Theil ihrer französischen Blumen ausgebreitet lag.

Und nun traten sie ein. Einige Cartons wurden ihnen gezeigt und

ehe noch viele Worte gewechselt waren, war auch schon die Wahl getroffen. In der Thal hatte Rubehn sich für eine Granatblüthen-Garnitur entschieden und eine Directrice, die mit zugegen war, versprach alles zu schicken.

Melanie selbst aber gab der Französin ihre Karte. Diese versuchte den langen Titel und Namen zu bewältigen, und ein Lächeln flog erst über ihr Gesicht, als sie das ,,nss cks OaparouM las. Ihre nicht hübschen Züge verklärten sich plötzlich, und es war mit einem unbeschreiblichen Ausdruck von Glück und Wehmuth, daß sie sagte:iUackanrs sst Uransniss! . . . notrs bslls Uranos".

Dieser kleine Zwischenfall war an Melanie nicht gleichgiltig vorüber­gegangen, und als sie draußen ihres Freundes Arm nahm, sagte sie:Hörten Sie's wohl? notrs bslls Uranos! Wie das so sehnsüchtig klang. Ja, sie hat ein Heimweh. Und alle haben wirs. Aber wohin? wonach? . . . Nach unsrem Glück . . . Nach unsrem Glück! Das Niemand kennt und Niemand sieht. Wie heißt es doch in dem Schubert'schen Liede?"

Da wo Du nicht bist, ist das Glück".

Da wo Du nicht bist", wiederholte Melanie.

Nubehn war bewegt und sah ihr unwillkürlich nach den Angen. Aber er wandte sich wieder, weil er die Thräne nicht sehen wollte, die darin glänzte.

Vor dem großen Platz, in den die Straße mündet, trennten sie sich. Er, für sein Theil, Hütte sie gern weiter begleitet, aber sie wollt' cs nicht und sagte leise:Nein Nnben, es war der Begleitung schon zuviel. Wir wollen die bösen Zungen nicht vor der Zeit herausfordern. Die bösen Zungen, von denen ich eigentlich kein Recht habe zu sprechen. Adieu".