- L'Adultera.- 6s
ich kann doch nicht mit einem Riesenkoffer aus dem Hause gehn. Da fehlte blos noch der Schmuck und die Cassette".
Melanie hatte, während sie so sprach, ihre Hände dicht über das halb niedergebrannte Feuer gehalten. Denn es war kalt und sie fröstelte. Jetzt setzte sie sich in einen nebenstehenden Fauteuil und sah abwechselnd in die glühenden Kohlen und dann wieder auf Christel, die das Wenige, was ausgeschrieben war, in die Tasche that und immer leise vor sich hinsprach und weinte. Und nun war alles hinein, und sie drückte den Bügel in's Schloß und stellte die Tasche vor Melanie nieder.
So verging eine Weile. Keiner sprach. Endlich aber trat Christel von hinten her an ihre junge Herrin heran und sagte: „Jott, liebe, jnädige Frau, muß es denn . . . Bleiben Sie doch. Ich bin ja blos solche alte„ dumme Person. Aber die Dummen sind oft gar nicht so dumm. Und ich sag Ihnen, meine liebe Jnädigste, Sie stauben jar nich, woran sich der Mensch alles gewöhnen kann. Jott, der Mensch jewöhnt sich an alles. Und wenn man reich ist und hat so viel, da kann man auch viel aushalten. Un vor mir wollt' ich woll einstehn. Un wie seht es denn? Un wie leben denn die Menschen? In jedes Haus is'n Gespenst, sagen sie jetzt, nn das is so'ne nenmodsche Redensart! Aber wahr is es. Und in manches Haus sind zweie, un rumoren, daß man's bei Hellen, lichten Tage hören kann. Un so war es auch bei Vernezobres. Ich bin ja nu fnfzig und dreiunzwanzig hier. Un sieben vorher bei Vernezobres. Un war auch Commerzienrath un alles ebenso. Das heißt beinah".
„Und wie war es denn?" lächelte Melanie.
„Jott, wie war es? Wie's immer is. Sie war dreißig nn er war fnfzig. Un sie war sehr hübsch. Drall un blond, sagten die Leute. Na,, un er? Ich will jar nich sagen, was die Leute von ihm alles gesagt haben.. Aber viel Jutes war es nich . . . Un natürlich, da war ja denn auch ein Baumeister, das heißt eigentlich kein richtiger Baumeister, blos einer der immer Brücken baut, vor Eisenbahnen un so, im immer mit'n Gitter un schräge Löcher, wo man durchkucken kann. Un der war ja nu da un wie'w Wiesel, un immer mit in's Concert und nach Saatwinkel oder Pichelsberg, nn immer's Jaquet übern Arm, nn Fächer un Sonnenschirm, un immer Erdbeeren gesucht un immer verirrt un nie da, wenn die Herrschaften wieder nach Hause wollten. Un unser Herr, der ängstigte sich un dacht' immer, es wäre was passirt. Un was die andern waren, na, die tuschelten".
„Und trennten sie sich? Oder blieben sie zusammen? Ich meine die Vernezobres", fragte Melanie, die mit halber Aufmerksamkeit zugehört hatte.
„Natürlich blieben sie. Mal hört' ich, weil ich nebenan war, daß er sagte: „Hulda das geht nicht". Denn sie hieß wirklich Hulda. Und er wollt' ihr Vorwürfe machen. Aber da kam er ihr jerade recht. Un sie drehte den Spieß um un sagte: was er nur wolle? Sie wolle fort. Un sie liebe ihn, das heißt den andern, un ihn liebe sie nicht. Un sie dächte