Qualifikationsanforderungen an den Grundschullehrerberuf zu bestimmen. Der Kern des Problems liegt dabei in der Unfähigkeit der an der Diskussion Beteiligten, sich auf vergleichbare Kriterien und Kategorien für den beruflichen Qualifikationsbedarf zu verständigen: Mal greift man auf Kompetenzen zurück, die in einzelne pädagogische Situationen eingebracht werden sollen, mal auf übertragbare Schlüsselqualifikationen, mal auf die Bestimmung von Aufgabenfeldern, mal auf die Charakterisierung von personalen Grundhaltungen. So findet man in dem 1991 erschienenen Aufsatz Werner Lochs mit dem vielversprechenden Titel"Was muß man können, um ein guter Lehrer zu sein? Eine Grundfrage der Lehrerbildung" eine Zusammenstellung von fünf zur Bewältigung pädagogischer Alltagssıtuationen notwendigen ın Subkategorien aufgeschlüsselten Kompetenzen: Darstellungsfähigkeit, Aktivierungsfähigkeit, Kontaktfähigkeit, Bestärkungsfähigkeit, Selbsterhaltungsfähigkeit. Die Lehramtskommission an der Gesamthochschule Kassel hat sich kürzlich in einem Papier dagegen mit viel groberen Qualifikationsebenen begnügt: Sachkompetenz, Sozialkompetenz, Kompetenz zur Selbstbildung(vgl. Schmitt 1994, S. 7f.). Manfred Bayer bezieht sich in seinem ebenfalls 1991 erschienenen Aufsatz bei der Bestimmung der "Professionalisierungsvoraussetzungen" für die Lehrertätigkeit auf den Strukturplan für das Bildungswesen der Bundesrepublik Deutschland von 1970 und nennt die Kompetenzen des Lehrens, Erziehens, Beurteilens, Beratens und Innovierens. Hier gibt es eine unmittelbare Verbindung zu der Klassifizierung von professionellen Lehrerkompetenzen, die 1975 eine deutsch-schweizer Forschungsgruppe um Kurt Aregger und Karl Frey formulierte: Sie sprechen von Kompetenzen des Unterrichtens, Erziehens, Beurteilens, außerunterrichtlichen Erziehens, aktiven Beteiligens an der Schulreform, der Schulverwaltung und-organisation. Ganz anders strukturiert sind Kompetenzen, Erfahrungen und Haltungen, die Hartmut von Hentig in dem gern zitierten Aufsatz"Vom Verkäufer zum Darsteller. Absagen an die Lehrerbildung" vom Lehrer, von der Lehrerin fordert: Lebenserfahrung, Begeisterung für eine Sache, Empathie gegenüber Kindern und die Fähigkeit, Zusammenhänge zu erkennen, zu erspüren und auszudrücken sowie Wissen in Handeln umzusetzen. Wieder auf einer anderen Ebene liegen Hans Günther Homfeldts Forderungen, die Entwicklung von Identität, das zu sich selbst und zur eigenen Lebensgeschichte Finden zum Ausgangspunkt professioneller Kompetenzen von Lehrerinnen und Lehrern zu nehmen.
Die Vielfalt berufssoziologischer, erziehungsphilosophischer oder situationsanalytischer Überlegungen zum wünschenswerten Qualifikationsprofil von Lehrerinnen und Lehrern kann als Quelle für die grundschulpädagogische Diskussion sehr wohl genutzt werden. Sie ist aber für die Ableitung von Forderungen an ein Curriculum für die Grundschullehrerausbildung reichlich sperrig.
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