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Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern für die Grundschule : Erfahrungen - Ergebnisse - Probleme / [Universität Potsdam. Hrsg.: Direktorium des Instituts für Grundschulpädagogik]. Tassilo Knauf ...
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(Grundschul-)Lehrerausbildung liegt quer zum tradierten Selbstbild der Universitäten

Am meisten in der Diskussion ist sicher die dritte von mir anvisierte Problemebene, die Ebene der institutionellen Strukturen. Die Frage nach dem richtigen Ort der Lehrerausbildung wird seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert diskutiert. Die seminaristische Ausbildung, die Pädagogischen Akademien der 20er Jahre und die in Ost und West nach dem II. Weltkrieg gegründeten Pädagogischen Hochschulen bilden die Zwischenschritte zur universitären Grundschullehrerausbildung, die sich mit Ausnahme Baden-Württembergs inzwischen im vereinigten Deutschland durchgesetzt hat. Diesem Modell der institutionellen Vereinheitlichung der Lehrerausbildung sind in den letzten Jahren im EU-Bereich zögerlich Frankreich und Italien gefolgt, die anderen europäischen Staaten jedoch(noch?) nicht. Das Modell bleibt aber auch bei uns durchaus Diskussionsthema, und zwar aus drei Gründen:

1. Aus unterschiedlichen Lagern werden in Abständen immer wieder folgende Fragen aufgeworfen: Ist die Universität aufgrund ihrer Struktur und ihres Selbstverständnisses überhaupt in der Lage, eine berufsfeld- und praxis­bezogene Ausbildung zu leisten? Führt sie nicht zu einer problematischen Verwissenschaftlichung und Intellektualisierung, die Distanz zum Berufs­feld schafft, wo doch ganzheitliches Arbeiten, Empathie und emotionale Qualitäten gefragt sind?

2. Aus Gründen der Kostenminimierung in der Ausbildung und später bei der Einstufung in Besoldungs- oder Gehaltsgruppen ist für den Staat eine außeruniversitäre Grundschullehrerausbildung attraktiv. Deshalb kann niemand ganz sicher sein, ob das 1993 vom Wissenschaftsrat angedeutete Denkmodell einer Grundschullehrerausbildung an Fachhochschulen nicht mehr ist als ein Sandkastenspiel, auch wenn Verbände protestierten und sich die Kultusministerkonferenz erwartungsgemäß von der Überlegung distanzierte.

3. Der Grundschullehrerausbildung fehlt, schlicht gesagt, der Stallgeruch der tradierten universitären Fächer. Dies hat wenig mit dem Mangel an alters­bedingter Würde zu tun. Fächer wie Gentechnologie, Informatik oder Kommunikationswissenschaften sind viel jünger. Das Problem hängt auch wenig mit der starken Berufspraxisorientierung der Grundschulpädagogik zusammen. Studiengänge wie die für Diplomdolmetscher, Zahnmedizin oder Vermessungswesen sind alles andere als minder berufs- und hand­lungsfeldbezogen. Es macht sich hier, so denke ich, eher ein Konglomerat von Stereotypen, Erfahrungen und Fakten kritisch bemerkbar, so z.B.