Tassılo Knauf
Ansätze zur Reform der schulpraktischen Studien Verkrustungen in der Lehrerausbildung aufbrechen
Oft gestützt durch die selektiven Erinnerungen an die eigene Schulzeit, dominiert in vielen Köpfen ein Lehrerbild, das sich nur wenig von dem des mittelalterlichen Magisters entfernt hat, der seine Buchgelehrsamkeit an die nachwachsende Generation weitergibt. Dabei ist schon vor zweieinhalb Jahrhunderten Rousseau in seinem Konzept einer„negativen Erziehung“ von einem Lehrertypus ausgegangen, der sich mehr um die ungestörten Aufwachsensbedingungen als um die Inhaltsvermittlungen zu kümmern habe. Die Reformpädagogik hat diese Überlegungen ausdifferenziert und eine sehr akzentreiche Palette von Lehreraufgaben,-grundhaltungen und-qualifikationen formuliert.
Aufgaben und Anforderungstruktur der LehrerInnenprofessonalität
In den letzten Jahrzehnten ist die Beschäftigung mit LehrerInnenqualifaktionen und -qualifizierung in unzähligen Untersuchungen weitergeführt worden. So hat die Erziehungskonferenz der Unesco 1975 in Paris konstatiert:„Aufgabe des Lehrers sollte sein, Situationen herzustellen, in denen das Kind oder der Jugendliche je nach Alter und Entwicklung mit neuen Informationen und Erfahrungen konfrontiert wird. Die ideale Lehrkraft müsse daher Kenntnisse darüber haben, wie Menschen unterschiedlichen Alters und Entwicklungsstandes ihre eigene Lebenswelt wahrnehmen und wie solche Wahrnehmungen kulturell und sozial, aber auch durch individuelle Voraussetzungen, so auch Behinderungen, geprägt sind“(Goble/Porter 1977, S.57 u. 64; Übersetzung des Verfassers).
Auf diese Aufgabenstellung und Anforderungsstruktur müßte Lehrerausbildung vorbereiten. Die Tendenz ist in der Primarstufenlehrerausbildung faktisch aber in die gegenteilige Richtung gegangen. Die Bielefelder Erziehungswissenschaftlerin Dagmar Hänsel beschreibt diese Entwicklung als
9„Anpassung an das gymnasiale Modell“ fachlicher Vermittlung, „Zersplitterung des Studiums in eine Fülle immer feiner werdender fachlicher Bruchstücke“,
©„allmähliches Verschwinden der Fachdidaktik und der Schulpraxis aus dem Studium“ und als
„Verlust eines inneren Zusammenhangs der Ausbildung“,
„ihres individuellen Sinns und ihrer Qualifizierungsfunktion“
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