Druckschrift 
Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern für die Grundschule : Erfahrungen - Ergebnisse - Probleme / [Universität Potsdam. Hrsg.: Direktorium des Instituts für Grundschulpädagogik]. Tassilo Knauf ...
(Hrsg.)
Entstehung
Seite
16
Einzelbild herunterladen

fenheit, Selbst- und Eigentätigkeit der Studierenden, innere Dıfferenzierung, Handlungs-, Erfahrungs- und Projektorientierung, das Aufsuchen externer Lernorte zu kultivieren, dann stoßen wir schnell auf die Grenzen der Personal-, Raum-, Zeitstrukturen, der Ressourcen, Fächer- und Gruppeninteressen. Die Institution Universität rächt sich gewissermaßen mit ihrer Komplexität für den Versuch der Reform. Diese Widerständigkeit hat aber einen Doppelcharakter: Sie ist einerseits Störmoment ım Lehr- und Forschungsbetrieb, andererseits ein not­wendiges Element in Reformprozessen; denn Reformen fallen niemandem in den Schoß. Widerständigkeit verlangt Auseinandersetzung statt Rückzug in ange­stammte Reservate. Widerständigkeit verlangt Aushandeln statt Insistieren auf Besitzstandswahrung. Widerständigkeit verlangt Phantasie zur Problemlösung. Und sie verlangt Geduld, langen Atem; schnelle Erfolge wird es nicht geben.

Seitdem sich in den Kultus- und Wissenschaftsministerien die Klagen über unzu­mutbare Zustände ım Lehrbetrieb einer Reihe von Studiengängen häufen und die Zahl der Studienabbrüche ein alarmierendes Ausmaß annımmt, beginnt sich der "Tanker" Universität zu bewegen. In den meisten Bundesländern erleben Pro­gramme zur Verbesserung von"Qualität der Lehre" einen Boom, und schon zei­gen sich erste Wirkungen. Aus den Niederlanden und den USA wurde ein breit gefächertes Repertoire von Anreizen und Sanktionen übernommen: Preise für gute Lehre, Tutorenprogramme, Lehrberichte der Dekane, Verpflichtung zu mehr Präsenz der Professorinnen und Professoren, studentische Veranstaltungskritik. In diesem neuen Schwung werden auch Innovationen für die Lehrerausbildung auf einmal durchsetzbar und trotz Sparzwängen bezahlbar. So fördert das Land NRW nach 15 Jahren Stagnation die Einrichtung von Lehrerausbildungszentren an den Universitäten, und die Hochschulen des gleichen Bundeslandes wetteifern mitein­ander bei der Gründung von Lernwerkstätten für die Primarstufenlehrerausbil­dung, nachdem es jahrelang so schien, als blieben die entsprechenden Pilotein­richtungen an der Gesamthochschule Kassel und der TU Berlin Solitäre ohne universitäre Nachahmung.

Schulpraktische Studien haben wieder Zukunft

Auch der so schwierige Bereich der schulpraktischen Studien zeigt nach dem Abbruch der Modelle einphasiger Lehrerausbildung an den Universitäten Olden­burg und Osnabrück vor fast zwei Jahrzehnten wieder Ansätze der Reformier­barkeit. So finanzierte die Bund-Länder-Kommission einen Modellversuch zur Erprobung eines"Integrierten Eingangssemesters Primarstufe(IEP)", ın dessen Zentrum an den Universitäten Bielefeld und Potsdam eine enge Verzahnung von unterrichtspraktischen Erfahrungen und universitärem Lehrangebot steht.

Parallel zum IEP wurde an der Gesamthochschule Essen das Modell"Kontakt­schulunterstützter Schulpraktischer Studien"(KUSS)" entwickelt. Schon 1991 wurde es als fakultative Alternative zum vierwöchigen Blockpraktikum in die

16