Druckschrift 
Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern für die Grundschule : Erfahrungen - Ergebnisse - Probleme / [Universität Potsdam. Hrsg.: Direktorium des Instituts für Grundschulpädagogik]. Tassilo Knauf ...
(Hrsg.)
Entstehung
Seite
82
Einzelbild herunterladen

Gegenseite verstärkt herauszufordern, dient dem vermutlich unbewußten Wunsch, deren Argumente kompakt präsentiert zu bekommen. Interessant ist in diesem Zusammenhang die von Hilde Schramm(1979) erwähnte Beobachtung, daß Personen sich häufig gerade dann gegen eine Erkenntnis wehren, wenn sie kurz davor sind, sie zu akzeptieren. Für dieses Verständnis von Abwehr sprechen viele unserer Erfahrungen im Studienreformprojekt PIL, die darüber hinaus die Relevanz der sozialen KategorieGeschlecht immer wieder bestätigt haben. So beispiels­weise die Beobachtungen in Vorbereitungsseminaren zum Unterrichtspraktikum im Fach Geschichte. Während die Studierenden in den Seminarbesuchen einer PIL­Tutorin Skepsis gegenüber einer geschlechtsdifferenzierenden Geschichtsdidaktik gezeigt hatten, berücksichtigten sieGeschlecht als Kategorie später von sich aus im Schulalltag. Mit dem an der Universität geschärften Blick begannen sie, ın ihren Praktika selbständig über das Thema nachzudenken. Ihnen fiel auf, daß sich Mäd­chen kaum am Geschichtsunterricht beteiligten und dieser von Jungen dominiert wurde. Es waren die Studierenden, die nun versuchten, den Unterricht methodisch zu verändern, Neues auszuprobieren, mit der Intention, auch Schülerinnen für Geschichte zu interessieren.

Die beschriebenen Abwehrreaktionen und skizzierten Erklärungsansätze weisen auf die Notwendigkeit hin, den Studierenden vielfältige methodisch-didaktische Zugangsmöglichkeiten zum Thema zu eröffnen, sowohl auf kognitiver als auch auf erfahrungsbezogener Ebene. Das persönliche Involviertsein der Lehrenden und Lernenden ins Thema muß bei der Planung der Bildungsprozesse berücksichtigt werden. Wir haben die Erfahrung gemacht, daß Studierende vor allem dann Zugang zur Fragestellung erhalten und für deren Relevanz sensibilisiert werden, wenn sie Erkenntnisse der feministischen Schulforschung in der Schulpraxis überprüfen bzw. sich die Thematik innerhalb von Projekten selbständig erschließen können. Der alte (hochschul-didaktische) Grundsatz"Lernen statt Belehren" hat offensichtlich gerade bei Themen, die die eigene Persönlichkeit und Lebensgestaltung betreffen, seine besondere Bedeutung. Unterschiedliche Möglichkeiten, die soziale Kategorie Geschlecht in die reguläre Lehre aufzunehmen, hat das Studienreformprojekt PIL in einer Reihe hochschuldidaktischer Handreichungen zusammengestellt(Studien­reformprojekt PIL 1993/94).

Strategien zur Integration der Kategorie"Geschlecht" in die Lehre

Eine Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern, die die soziale Kategorie "Geschlecht" ausklammert, wird weder den komplexen Interaktionsstrukturen in der Schule noch den verschiedenen Lebensrealitäten von Mädchen und Jungen gerecht. Da wir nicht nicht konstruieren können, geht es weiterhin darum, an der sozialen Realität der hierarchischen Zweigeschlechtlichkeit anzusetzen, diese zu analysieren und in Frage zu stellen. Auf die Mechanismen des Konstruierens ist dabei ein besonderes Augenmerk zu legen. Werden diese transparent, können Ansatzpunkte zur Entwickung alternativer Handlungsmöglichkeiten eröffnet werden. Langfristig wird eine Sensiblilisierung der Studierenden nur dann zu erreichen sein, wenn diese

zum einen das Angebot erhalten, Seminare zu feministisch-patriarchatskritischen 82