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Erklärungen dunkler und schwieriger Stellen im Talmud u[nd] Midrasch auf dem Gebiete der Ethik : nach philosophischer Auffassung / von S. Adelmann
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daß er den Weg gehen müsse, den diese ihm vorzeichnen, während er doch auf der anderen Seite mit Willensfreiheit ausgestattet ist, vermöge deren seine Handlungen nicht in instinktmäßiger Weise erfolgen, wie beim Tiere, sondern nach freiem Willen geschehen.

Auch muß uns auffallen, daß die gleichzeitige Frage, warum der Fromme sich ein Verdienst durch seinen tugend­haften Lebenswandel erwerbe, wenn er in der Ausübung desselben nur seiner natürlichen Neigung folgt, wie dies in den Wortenברא צדיקים ausgedrückt ist, vom Talmud gar Die Lösung der zweiten Frage

nicht beantwortet wird.

fanit ברא יצר הרע ברא תורה ברא תבלין burdb bie Antwort

doch nicht auch für die erste gelten.

Wir wollen darum versuchen, diese Stelle in folgen­der Weise zu erklären.

Nach der Schrifideutung des Talmuds war ar ein Anhänger der Lehre, daß der Schöpfer die Ursache der guten und schlechten Handlungen des Menschen sei, da er die guten nnd die schlechten Triebe in dem Menschen ge­schaffen hat.

Jjob wollte darum dem Ewigen seine Meinung ent­gegenhalten, daß der Mensch, wenn er auch an seinen un­moralischen Handlungen wegen seiner Willensfreiheit schuld ist, dennoch nicht vom Allerhöchsten darüber zur Rechenschaft gezogen werden dürfe, weil der Allgütige an dem Thun und Lassen des Menschen Teil habe. Wir werden z. B. einen Richter gewiß nicht für unparteiisch halten, wenn er jeman­den wegen eines Vergehens, zu dem er selbst Anlaß gab, zur Verantwortung zieht, ohne mit sich selbst darüber zu rechnen, wiewohl man sich auch hier nach dem System der Willensfreiheit richtet. So auch hier.

Diese Ansicht findet in der Erklärung ihre Wider­legung, daß die verschiedenen Triebe des Menschen ihrer Natur nach sich nicht in gute und schlechte einteilen lassen,