1. Kapitel.
Ebenso wie sich die Menschen äußerlich von einander unterscheiden, so unterscheiden sie sich auch in ihren Seelenkräften; dem einem ist von der Natur der Trieb zur Tugend eingepflanzt, so daß es ihm gar nicht schwer wird, stets das Gute zu thun und das Böse zu meiden. Dem andern hingegen ist eine unwiderstehliche Neigung zu Bösen angeboren, und jeden Augenblick steht er in Gefahr, derselben zu unterliegen. Gegen diesen seinen Feind hat Gott dem Menschen eine Waffe in die Hand gegeben, nämlich den Verstand. Durch denselben kann der Mensch, indem er die Folgen der bösen That bedenkt, seine Leidenschaften bezwingen. Ja, es liegt sogar in des Menschen Macht, seine bösen Begierden nicht nur zu unterdrücken, sondern sie auch gänzlich aus seinem Innern zu verbannen, so daß keine Spur derselben in ihm bleibt.
Auch liegt es in dem Vermögen des Menschen, viele der ihm innewohnenden bösen Begierden zum Guten und Moralischen anzuwenden und dieselben zu unterdrücken, wenn sie ihn zur Sünde verleiten wollen.
Wir wollen dies durch folgende Beispiele anschaulicher machen.
Jemand besitze z. B. die Neigung zur Verleumdung. Wohl ist diese als eine sehr schlechte Eigenschaft des Menschen anzusehen. Doch kann dieselbe in den Dienst der Moral gestellt werden, wenn sie dazu angewendet wird, um das Treiben der Heuchler, das der menschlichen Gesellschaft verborgen, aber für dieselbe sehr schädlich ist, bloß zu legen. Dasselbe Beispiel finden wir auch bei dem Neide. Dieser gehört wohl auch zu den verwerflichen Eigenschaften