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Erklärungen dunkler und schwieriger Stellen im Talmud u[nd] Midrasch auf dem Gebiete der Ethik : nach philosophischer Auffassung / von S. Adelmann
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die ihm selbst erwiesen wird zurückweisen muß, und die kleinste Spur des Stolzes nicht aufkommen lassen darf, wie

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menschen die höchste Ehre und Achtung zu Theil werden lassen.

Wenn also auch die Ausübung zweier entgegengesetter moralischer Handlungen nicht leicht ist, so ist es doch ande­rerseits auch nicht so schwer, daß der Mensch außer Stande wäre, hierin seiner Pflicht zu genügen. Ein Beweis, daß der Mensch auch in dieser Hinsicht sich zu vervollkommenen vermag, bietet uns die Erzählung des Talmuds von Rabbi Gamliel, aus welcher zu ersehen ist, daß unsere Weisen sich einander widersprechende moralische Handlungen ausgeübt haben.

Rabbi Gamliel und Rabbi Josua, erzählt nämlich der Talmud, waren einmal verschiedener Meinung in Betreff des Tages, auf welchen der 15 or fallen sollte. Nach der Ansicht des Rabbon Gamliel war der Tag des Jom Kippur ein anderer als der, welchen Rabbi Jesua für 100 on hielt. Um seiner Ansicht Geltung zu verschaffen, ließ Rabbi Gam­liel den R. Josua den Befehl zugehen, an demjenigen Tage, welcher nach seiner Meinung 115 D wäre, mit Stock und Reisetasche zu ihm zu kommen. Rabbi Josua kam diesem Befehle nach. Als R. Josua in angelangt war, küßte ihn der Fürst und sagte zu ihm: Sei mir willkommen, mein Lehrer und Schüler, das heißt, du bist mein Lehrer an Weisheit und mein Schüler, da du meinem Befehle gehorsam warst.

dem Haus des Gamliel

Rabbon Gamliel trat nämlich mit großer Strenge und mit scheinbarem Stolz gegen R. Jesua auf. Dies that er aber nicht etwa aus Stolz und Herrschsucht, son­dern nur deshalb, weil dieses zur Förderung des Volks­wohles nothwendig war. Denn sollte er seine Wirksamkeit erfolgreich entfalten, so mußte seine Autorität als die herr­schende und maßgebende gelten. Nachdem aber sein Befehl