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Das Fontane-Buch : Beiträge zu seiner Charakteristik ; Unveröffentlichtes aus seinem Nachlaß ; das Tagebuch aus seinen letzten Lebensjahren / hrsg. von Ernst Heilborn
Entstehung
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gefangen, der sich ins Fremdenbuch eines noblen Hotels alsSchriftsteller" eingetragen hatte. Wir können nicht mehr verlangen ...

Aber Fontanes Bescheidenheit wurzelte tiefer als im Sozialen, sie war ein Ergebnis jener letzten Künstlerskepsis, die sich gegen Kunst und Künstlertum selber richtet und von der man sagen kann, daß alle Künstleranständigkeit in ihr beruht. Es ist sehr erheiternd, aber doch nicht ohne einen Anflug von Koketterie, wenn er an seinem siebenzigsten Geburtstag die Leute sagen läßt:Und eigentlich ist es doch ein Jammer mit ihm; er hat nicht mal studiert," oder wenn er sich weigert, zur Einweihung des Goethe- und Schillerarchivs nach Weimar zu kommen, weil er dort allzu­sehr Gefahr laufe, mit einem lateinischenoder selbst grie­chischen" Zitat wie mit du auf du angeredet zu werden, wobei er immer das Gefühl habe:Erde, tu' dich auf!" Aber es kommt aus seiner Tiefe, wenn er, mit neunund- siebenzig Jahren, an einen Kritiker schreibt:Ganz beson­ders dankbar bin ich Ihnen für den Hinweis darauf, daß ich Anderen zu Leibe rücke, mir selbst aber auch. Und hätte ich meiner Neigung folgen können, so wäre ich noch ganz anders gegen mich losgegangen. Denn inmitten aller Eitel­keiten, die man nicht los wird, kommt man doch schließlich dazu, sich als etwas sehr Zweifelhaftes anzusehen: ,T°ticiu comesr in suctt a guesrionsble sdape?" Es hing mit seinem Bürgersinn für Zucht und Ordnung zusammen, mehr aber noch mit jenem redlichen Rationalismus, von dem die Feier- ^ liehen, die Priester und Schwindler unter den Künstlern nichts wissen wollen, wenn er die Fragwürdigkeit des l Typus Künstler, dieser Kreuzung aus Luzifer und Clown, k wie außer ihm vielleicht nur noch Einer empfand. Man beachte die ungeduldige Vehemenz des Ausdrucks in fol­gender Kritik der Romanfiguren Spielhagens:Immer die Vorstellung, daß ein Dichter, ein Maler oder überhaupt ein Künstler etwas Besonderes sei, während die ganze

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