Gesellschaft (und so war es immer) auf der niedrigsten Stufe steht, so niedrig, daß die meisten übergelegt werden müßten. Von dieser Regel gibt es nur sehr wenig Ausnahmen, Scott zum Beispiel; aber Byron ist schon wieder entsetzlich. Man muß den Künstlern gegenüber, wenn eS wirkliche Künstler sind, Verzeihung üben und Fünfe gerade sein lassen, aber ihre Mischung non Blödsinn, Sittenfrechheit und Arroganz auch noch zu feiern, ist mir widerwärtig. Schon die bloßen Redensarten, .meine Kunst ist mir heilig' (namentlich bei Schauspielerinnen) bringen mich um." Mazda Schwarze war damals wohl noch auf dem Konservatorium. Aber klingt die Äußerung nicht genau wie ein Aitat aus der „Fröhlichen Wissenschaft"? Und zu demselben Gedankenkreis gehören die Rubek-Betrachtungen des Sechzigers über den Gegensatz von Kunst und Leben und den Vorrang, die Überlegenheit des ungenialen und liebenswürdigen Lebens. „Ach," schreibt er, „wie bevorzugt sind doch Leutnants, sechs Fuß hohe Rittergutsbesitzer und alle die anderen aus der Familie Don Juan und wie nehm' ich alles zurück, was ich, als ich selber noch tanzte, zugunsten lyrischer Dichtung und zuungunsten hübscher, lachender und gewaschener Herzenssieger gesagt habe. Der Bücherund Literaturwurm, und wenn er noch so gut und noch so gescheit ist, ist doch immer nur eine Freude für sich selbst, für sich und eine Handvoll Menschen. Die Welt geht drüber weg und lacht dem Leben und der Schönheit zu. Die Ausnahmen sind selten und oft bloß scheinbar. Heyses Triumphe sind immer noch mehr seiner Persönlichkeit als seinem Dichtertum zuzuschreiben." Und als man ihn nicht versteht, sucht er sich zu erklären: „Es ist eine Lieblingsbeschäftigung von mir, im Gespräch mit den Meinen auf die relative Gleichgültigkeit von Kunst, Wissen, Gelehrsamkeit, insonderheit von Lyrik und Epik (also mich selbst persiflierend) hinzuweisen und die Vorzüge zu feiern, vielleicht zu übertreiben, deren sich die schönen, lachenden Menschen erfreuen.
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