Tochter", der „kleine sächsisch-thüringische Stil" und seine moralische Krähwinkelei verspottet wird.
Damals ist er siebenzig, und er wird immer jünger. Die „Revolution der Literatur" findet ihn auf der Höhe, und er dichtet den heiteren Spruch von den Alten, deren larmoyanten Unentbehrlichkeitsdünkel er nicht versteht, und von den Jungen, die den Tag und die Stunde haben, die die Szene beherrschen und die nun „dran" sind. Um das Jahr 80 fallen, wie es sich gehört, aufsässige Bemerkungen gegen die Klassiker. „Denn wir nehmen unfern Klassikern gegenüber eine höchst befangene Stellung ein, wenn, auch nur darin, daß wir auch auö dem Langweiligen und Mittelmäßigen durchaus etwas machen wollen und literarisch ebensogut .Idolatrie' treiben wie politisch." Selbst gegen Schiller, der doch bis dahin „Nummer Eins" war, kann man ihn einen Augenblick in Ausfallstellung sehen. Der Halbfremde erkennt das Schillertum als etwas Halbfremdes im Vergleich mit dem nationalen und volkstümlichen Geist Bürgers. DaS Epigonentum gar, alles, „was zwischen Dreißig und Siebenzig geschrieben wurde", „ist mausetot". „Die Schönrednerei kommt nicht wieder auf." Und während freilich die kleinen Schreier und Tumultuanten ihm verdrießlich sind, begrüßt der Fünfundsiebenzigjährige Hauptmanns „Weber" als „vorzüglich", „epochemachend", „ein Prachtstück der deutschen Literatur".
Unter seinen Bemerkungen über große moderne Erscheinungen ist wundervoll Fontanisch die über Strindberg. Mehr als ein Instinkt in ihm, sein Sinn für Diskretion, Takt, Sauberkeit, Liebenswürdigkeit und bürgerlichen Anstand, mußte gegen dies unsympathische Genie revoltieren wie gegen den unseligen Stauffer, von dem er sagt: „Solche Genies sollten gar nicht existieren, und wenn das Genietum so was fordert, so bin ich für Leineweber." Die „Beichte eines Toren" entlockt ihm zunächst den Satz: „Wer solch Buch schreiben, aus Rache schreiben kann, ist natürlich ein
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