Diese Einsicht, heute zum Gemeinplatz geworden, war das Erlebnis der siebenziger Jahre, und die Bricfstelle erinnert, wie manche andere, an Nietzsche, der höhnisch fragte: „Mit einem Worte: was will man? Will man Sklaven, so ist man ein Narr, wenn man sich Herren erzieht." Zwischen dieser Anschauungsweise und dem unbedingten Enthusiasmus des alten Fontane für den „vierten Stand" liegt gewiß eine Entwicklung, liegt das Bewußtwerden seiner Modernität, sein wundervolles Hineinwachsen in Jugend un d Zu kunft. Ab er ebenso gewiß ist, daß er der Mann war, in dem beide Anschauungen, die konservative und die revolutionäre, nebeneinander bestehen konnten; denn seine politische Psyche war künstlerisch kompliziert, war in einen, sublimen Sinn unzuverlässig; und ganz im Grunde hat er sich kaum gewundert, daß an seinem „Fünfundsiebenzigsten" nicht die Stechow, Bredow und Rochow, sondern der andere, der seelisch fragwürdige, der „fast schon prähistorische" Adel zu ihm kam.
Diese Kompliziertheit war mehr als der „mangelnde Sinn für Feierlichkeit" (der aber vielleicht dasselbe ist) daran schuld, daß Fontane „es nicht weit brachte", daß der Dichter des Alten Derfflinger, des Alten Dessauer, des Alten Zielen und der Berliner Einzugscarmina nicht offiziell, nicht Adler- ritter und Hofgänger werden konnte, wie Adolf Menzel. Unstreitig fällt beim bildenden Künstler, beim hohen Handwerker das Geistige und Problematische mehr als dein, Schriftsteller niit dem Technischen zusammen; nichts hindert in seinem Falle die Herrschenden, das Stoffliche für die Gesinnung zu nehmen, und nichts hindert ihn, den geistig Stummen, Harmlosen und Unverantwortlichen, sich ihre Ordensmäntel und Adelstitel mit guter Miene gefallen zu lassen. Ein großer Maler kann offiziell werden, ein großer Schriftsteller niemals. Denn alles, worin der Rang, Reiz und Wert seiner Persönlichkeit beruht, die geistige Nuance, die artikulierte Problematik, die verantwortungsvolle
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