Ungebundenheit, muß ihn in den Augen der Herrschenden als gesinnungsuntüchtig und verdächtig erscheinen lassen. Vom amtlichen Preußen ist nicht zu verlangen, daß es den patriotischen Sänger für voll nimmt, der eines Tages den Borussis- mus für die niedrigste aller je dagewesenen Kulturformen erklärt.
Verantwortungsvolle Ungebundenheit: vielleicht hätte er sich das Wort zur Bezeichnung seines politischen Verhältnisses gefallen lassen. Im Jahre 87 soll er wählen. „Noch in zwölfter Stunde wollte man mich durch einen .Eilenden' an die Wahlurne zitieren. Ich lehnte aber standhaft ab. Die Verhältnisse liegen bei mir so kompliziert, daß ich ehren- und anstandshalber nicht stimmen kann." Im Jahre 90 ist er frivoler: „Und nun breche ich auf, um nach vielen, vielen Jahren zum ersten Male wieder einen Stimmzettel in die Urne zu tun; welchen? Ich habe es in meiner Verlegenheit durch Knöpfeabzählen festgestellt. Nur der, der nichts weiß, weiß es ganz bestimmt..."
Ein unsicherer Kantonist. Hat er nicht als Theaterkritiker einmal gestanden, eigentlich könne er immer geradeso gut das Gegenteil sagen? Er liebt den Adel „menschlich und novellistisch", aber politisch ist er ihm „doch zu sehr gegen den Strich"; und er hat sich gewöhnen müssen, seine „schließlich als Untergrund immer noch vorhandene Adelsvorliebe mit Soupcon behandelt zu sehen", weil er das Lied allzusehr „nach seiner Fasson und nicht nach einem ihm vorgelegten s Notenblatt blase". Er liebt die Juden, „zieht sie dem Wendo- Germanischen eigentlich vor" und hat „auch unserm von mir aufrichtig geliebten Adel gegenüber einsehen müssen, daß uns, alle Freiheit und feinere Kultur, wenigstens hier in Berlin vorwiegend durch die reiche Judenschaft vermittelt wird." Aber von den Juden regiert sein will er nicht, ist überhaupt nicht liberal und äußert sich aus dem patriarchalischen Idyll Neubrandenburgs höchst wegwerfend über „Freiheitsparagraphen". Man hält den „Wanderer" wohl für einen