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Das Fontane-Buch : Beiträge zu seiner Charakteristik ; Unveröffentlichtes aus seinem Nachlaß ; das Tagebuch aus seinen letzten Lebensjahren / hrsg. von Ernst Heilborn
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und eine stete Anregerin von Gedanken über das schwierige und unerschöpfliche, von ihm immer wieder in Angriff genommene Kapitel über die Frau. In manchen bisher nicht veröffentlichten Skizzen und Entwürfen, die sich in seinem Nachlaß finden und die beweisen, mit welch unsäg­licher Mühe der anscheinend mit so gefälliger Leichtigkeit schaffende Künstler sich das Handwerk des Epikers aneignete, in einigen dieser Studien hat er ihr Bild festgehalten. So erinnere ich mich eines Stückes, eines Dialoges zwischen Mann und Frau des Morgens beim Kaffee, in dem der weibliche Part unverkennbar ihre Züge trägt. Daß sie frei­lich in einer seiner Novellen oder einem der Romane zu einer. Gestalt Modell gesessen hätte, wie seine geistvolle Tochter Martha, die als Corinna in dem prächtigen RomanFrau Jenny Treibe!" fortlebt, wüßte ich nicht zu sagen. Doch hat er ihr unverhüllt ein literarisches Denkmal gesetzt. In den ErinnerungenVon Zwanzig bis Dreißig" spricht er von ihr als Kind und Braut und läßt bei der Gelegenheit den Blick auch auf die spätere Zeit und ihr Zusammenleben fallen. Er rühmt sie dabei und preist das Glück, das ihm das Schicksal mit der Wahl dieser Gattin zuteil werden ließ, als sein größtes. Allein er versagt es sich doch auch nicht, eine Schwäche ihrer Individualität hervorzuheben. Er wirft ihr das Erbübel der Frau, den Mangel an Logik, vor und erhärtet die Behauptung durch die Erzählung eines drasti­schen Vorkommnisses. Als Kavalier und Mann der Galan­terie weiß er freilich mit jener schelmischen, echt Fontaneschen Ironie den Fehler in eine Tugend zu verwandeln, indem er in geistreicher Paradoxie das Unlogischenicht als eine niedrigere, sondern umgekehrt als eine höhere Form der Unterhaltung" hinstellt.

Bei dieser Gelegenheit spricht er aber auch mit der tiefen Dankbarkeit des glücklichen Gatten aus, was ihm die Ge­fährtin des Lebens war, und so wie er sie hier schildert, wird sie in der Literaturgeschichte fortleben: als die

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