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Das Fontane-Buch : Beiträge zu seiner Charakteristik ; Unveröffentlichtes aus seinem Nachlaß ; das Tagebuch aus seinen letzten Lebensjahren / hrsg. von Ernst Heilborn
Entstehung
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kann. Wer immer sparen will, der ist verloren, auch moralisch."

Allein sie wäre nicht die würdige Gattin eines Theodor Fontane gewesen, wenn sie nur wirtschaftliche Talente be­sessen hätte. Sie war auch seine geistige Genossin, mit der er tiefste Kunstfragen erörterte. Ja, sie war geradezu seine Mitarbeiterin. Er selbst berichtet, daß sie ihm alle Bücher und alle Zeitungen vorgelesen und alle seine von Korrekturen und Einschiebseln starrenden Manuskripte abgeschrieben habe. Das waren, seine dicken Kriegsbücher mit eingerechnet, gute vierzig Bände. Wer Fontanesche Manuskripte je ge­sehen hat, weiß, was es heißt, sie reinlich zu kopieren und druckfertig herzustellen. Daß sie bei dieser Fronarbeit auch wohl seufzte, wird man begreiflich finden. Und wenn Papa Fontane einmal seiner abwesenden lieben Meta über die Lage im Hause schmunzelnd beichtet:Mathilde scheuert und wird wohl am Pfingsttage selbst irgendwo einregnen. Ich bleibe zu Haus und arbeite, und Mama schreibt meinen letzten Aufsatz ab unter der bekannten Betrachtung: ist das ein Leben, ist das ein Pfingstfest. Ich lächle und finde es nicht so schlimm", wenn er sich so äußert, so wird man darin nicht mehr als eine vorübergehende Regung von Un­dankbarkeit erblicken. Indem er in den Lcbenscrinnerungen der Welt von der Mitwirkung der Gattin an seiner schrift­stellerischen Betätigung Kunde gab, huldigte er ihr nicht bloß, sondern bekannte genugsam, wie tief er sich ihr dafür ver­pflichtet fühlte.

Diese Mitwirkung beschränkte sich jedoch keineswegs auf die mechanische Arbeit des Abschreibens. Frau Emilie besaß ein zu starkes Naturell, um einer Vorlage sklavisch zu folgen. Sicherlich hat sie es an kräftiger Kritik gegenüber den Werken des Gatten nicht fehlen lassen. Dafür bürgt schon der Widerspruchsgeist, der ihr wie so vielen phantasievollen Frauen bis zur Streitlust eigen war. Es ist uns aber auch bezeugt, daß sie beispielsweise an der historischen Novelle

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