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So vergingen damals meine Vormittage, denen, glaube - ich, zweimal in der Woche auch Vortragsabende sich anschlossen. Diese Vortragsabende aber fanden vor einem ganz andern Publikum statt: ich hatte in zwei Offiziersfamilien (auch da wurde alteriert) Dienstags und Freitags historische Vorträge zu halten, deutsche, französische, englische Geschichte. Die Familien wohnten weit hinaus in der Holzmarktstraße, weit hinaus, und so glücklich, wie ich's mit meinen dreizehnjährigen jungen Freundinnen getroffen hatte, so glücklich auch hier. Es waren sehr liebenswürdige Familien, und ich rechnete eS mir als eine Ehre an, daß ich, wenn die Stunde vorüber, jedesmal eingeladen wurde, zu bleiben und an ihrem Tee teilzunehmen. Es freute mich, es ehrte mich, es war aber auch außerdem noch ein rechtes Glück für mich, denn am Teetische, weil ich nun mal allezeit besser plaudern als lehren konnte, war ich in der glücklichen Lage, meine als Vortragender begangenen Sünden wieder ausgleichen zu können. (Alles — und nun gar ich selbst — war froh, wenn es wieder ans Schwatzen ging.) Ich hätte das alles wohl nicht so stark empfunden, wenn wir an den Vortragsabenden immer „unter uns" gewesen wären, denn die sehr liebenswürdigen Herren und Damen waren sichtlich mit einem Minimum zufrieden. Das Ganze war ein kleiner feiner Sport, ein Gesellschaftsspiel. Aber zu meinem Unheil wurden auch immer ein paar Regimentskameraden, die gerade der Kriegsakademie oder gar dem Generalstab angehörten, zu diesen Abenden mit eingeladen, und wiewohl sie Contenance bewahrten, so sah ich ihnen doch an, wie sie litten und daß meine Anstrengungen einen wehmütigen Eindruck auf sie machten. Daß gute Erziehung vor allem für Wohlwollen sorgt, habe ich an jenen Vortragsabenden kennengelernt.
An diese Vortragsabende möchte ich hier gleich ein Gespräch knüpfen, das ich damals mit meinem Freunde und Gönner Geheimrat Schnaase führen durfte und das mir bei
b Fontane-Huch
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