wobei es temperamentvoll oder elegant zugeht: je nach der Eigenart des betreffenden Kulturlandes.-
Liegt in all dem irgend etwas Besonderes?
Das ist schon weniger leicht, kurzerhand zu beantworten. —
Die Tatsache freilich, daß heute überhaupt noch Nachkommen der alten Juden Titusschen Angedenkens leben, kann man an sich durchaus nicht als auffallend bezeichnen. Nirgends steht geschrieben, daß der Untergang des Staates zugleich lähmend oder vernichtend aus die Zeugerkraft seiner Bewohner wirke. Auch Nachkommen anderer Völker, deren Staat längst zugrunde ging, sind ohne Zweifel in der Gegenwart noch vorhanden.
Hier liegt nun allerdings ein bedeutsamer Unterschied. Die Nachkommen der Völker, die ihren Staat verloren haben, fühlen sich regelmäßig nur dann als Nachkommen, wenn sie in größerer Zahl dermaßen räumlich vereint geblieben sind, daß sie die Mehrheit bilden, ja meist sogar selbst dann nur unter der weiteren Bedingung, daß sie ihr ehemaliges Staatsgebiet nicht verlassen haben. Treffen diese Voraus- setzungenUcht zu, so mag zwar der Rassentheoretiker bei einzelnen Menschen dem Blute nach die Nachkommenschaft mit verhältnismäßiger Sicherheit feststellen können, in diesen Menschen selber aber wie auch bei ihrer Umgebung ist das Bewußtsein der Nachkommenschaft längst erloschen.
Bei den Juden aber verhält sich die Sache wesentlich anders. Wiewohl sie ihre.ursprüngliche Heimat zumeist seit vielen, vielen Jahrhunderten nicht mehr bewohnen und über die ganze Erde verstreut sind, ohne in irgendeinem Lande oder bedeutenderen Landesteil die Mehrheit der Bevölkerung zu bilden, sind sie sich des historischen Zusammenhangs mit dem in grauer Vergangenheit auf dem Boden Palästinas staatlich geeinten Judenvolk fast immer klar bewußt, und selbst wo einzelnen dieses Bewußtsein fehlt oder durch beharrlichen Willen fast ganz zerstört ist, hat ihnen gegenüber ihre Umgebung dieses Bewußtsein ganz klar und deutlich, ohne erst die wissenschaftliche Hilfe der Rassentheoretiker irgendwie in Anspruch nehmen zu müssen. Die Juden wissen stets, daß sie Juden sind, und wo sie es nicht wissen oder in Vergessenheit bringen wollen, da werden sie regel-
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