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Judenproblem / von I. Breuer
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Gefallen taten, da habt ihr ihnen flugs ihre Narben in Ver­brechen gewandelt und hättet am liebsten das Almosen wegen schnöden Undanks zurückgefordert. Aber hier habt ihr sie, eure jämmerliche Emanzipation, wir wollen sie nicht, wir brauchen sie nicht. Wir nehmen kein Almosen mehr, sondern fordern unser Recht! Wenn ihr einen letzten Rest von Scham noch habt, so machet gut an uns, was ihr gegen uns und unsere Väter gefrevelt! Gebt uns das Land wieder, das ihr uns geraubt, weil ihr stärker wäret als wir! Gebt uns dem Lande wieder, das ihr verkommen habt lassen, wie ihr uns habt verkommen lassen! Unrecht geschah uns, Unrecht geschah dem Lande! Wir warten auf das Land und das Land wartet auf uns und ihr wartet auf unseren Fortgang. Die Geschichte hat der Tat des Titus ihre Sanktion ver­weigert. Die von euch so schmerzlich empfundene Juden­frage ist nichts als der Protest der Geschichte gegen diese Tat. Nimmer habt ihr Ruhe, ehe ihr dem Protest nicht Folge gegeben. Lasset uns ziehen, und, heute noch lästige Parasiten, grüßt euch schon morgen von Zions Höhen eine freie und dankbare Nation!-

Also sprach, also schrieb Theodor Herzl.

Wie der König der Juden schritt er über die Erde dahin.

Aber die Krone des Königs der Juden ist immer noch eine Krone von Dornen.

VII.

Der Zionismus und die Westjuden.

Der Zionismus hat einer ganzen Reihe von Westjuden, die zwar der überlieferten Religion, gleich Herzl, entfremdet waren, bei denen aber der Zersetzungsprozeß noch nicht bis zum endgültigen Verlust des Nationalbewußtseins sich voll­zogen hatte, ein Ideal geschaffen, das ihnen die Möglichkeit einer aufrechten und stolzen Lebensführung inmitten un­freundlicher oder feindlicher Nationen, und mehr noch, das ihnen ein Gebiet der Betätigung eröffnete, dem sie sich mit dem vollen Einsatz ihrer Persönlichkeit hingeben konnten, ohne befürchten zu müssen, bei jeder irgendwie und irgend-

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