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Judenproblem / von I. Breuer
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der die endliche Erlösung winkt, wenn ihre und der übrigen Nationen Entwicklung sich vollendet.

Manglaubt" ans Judentum so wenig wie ans Deutsch­tum. Nationalbewußtsein ist alles.-

XI.

Das Wesen des Judentums.

Das Alte Testament ist nicht, gleich dem Neuen, die Quellenschrift einer Religion, sondern die im jüdischen Nationalbewußtsein der Gegenwart durchaus lebendige Ge­schichte der göttlichen Gründung einer Nation, niedergelegt in einer an diese Nation selber gerichteten Urkunde.

Mit dieser Urkunde mag die Theologie oder Bibelkritik anfangen, was sie will: Sie kann mit den Ergebnissen ihrer Forschung über das Wesen und den Sinn des Judentums und der jüdischen Nation so wenig Aufschluß geben, wie etwa die philologische Behandlung der deutschen Reichs­verfassung Zweck und Bedeutung des Deutschen Reiches zu ermitteln imstande ist.

Zur jüdischen Nation spricht aber diese Urkunde wie folgt:

Als Stellvertreter Gottes auf Erden, zur Verwirklichung göttlicher Ziele im Reiche des Geschaffenen, ist der Mensch (Adam) eingesetzt worden. Aber des Menschen Söhne schlugen eigene Wege ein. Mit Freiheit ausgestattet, miß­brauchten sie sie zur Willkür und fielen der Ruhmsucht (Turmbau) anheim. Damit begann die Gott entfremdete Politische Geschichte der in Nationen zerfallenen Menschen.

Was ursprünglich alle Menschen hätten sein sollen, kommt, nun nach göttlichem Plan zunächst erst den Nachkommen Abrahams zu. Insofern ist die jüdische Nation Gottes, "erstgeborener Sohn", dem die übrigen Nationen späterhin Nachfolgen werden.

Auf Gründung einer Nation ist es von vorn­herein abgesehen. Abraham durchwandert das Land Kanaan nach allen Himmelsrichtungen und nimmt förmlich davon Besitz. Noch aber kann er das Land nicht haben, denn die

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