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Judenproblem / von I. Breuer
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Sünde des Emoriters (seines jetzigen Bewohners) ist noch nicht voll". Aber heute schon soll erseine Söhne und sein Haus verpflichten, daß sie dermaleinst hüten den Weg Gottes, Liebe und Recht zu üben."

Zunächst jedoch müssen Abrahams Söhne eine harte Schule durchmachen. Imeisernen Schmelztiegel" Ägyp­tens müssen die Schlacken politischer Ruhmsucht von ihnen fallen, müssen sie das ganze Elend einer von politischen Machthabern aus Gründen politischer Staatsraison ge­knechteten und entrechteten Menschengemeinschaft durchkosten, müssen in vollendeter Hilflosigkeit für alle Zeiten dem Wahne entsagen, als hätten sie selber aus eigener Kraft nationale Selbständigkeit zu erringen vermocht, müssen Gott ihr ganzes nationales Dasein zu verdanken haben, um sich dann willig bereit zu finden, ihre nationale Existenz voll­kommen der Verwirklichung des göttlichen Willens zu weihen. Diese Bereitschaft ist die unerläßliche Bedingung ihrer göttlichen Befreiung. Die jüdische Nation ist ganz Gott verfallen, denn nur durch Gott ist sie geworden. Nach­dem sie dann noch schaudernd das Hereinbrechen des gött­lichen Strafgerichts über die Nationen knechtende Macht­politik Ägyptens erlebt hat, eilt sie zum Berge Sinai und empfängt, mitten in der Wüste, fern vom verheißenen Lande, zur Nation geeint durch freiwillige Gesamtunterwerfung

unter Gottes Willen, aus den Händen Gottes ihr National- gesetz.

Diesem Nationalgesetz, das ihr Wille gewollt, weiht sie

ihr ferneres Leben. Es zu verwirklichen, erhält sie ihr Land und gründet sie ihren Staat. Aber sie ist älter als Staat und Land. In der Wüste ist sie, da sie Gottes Gesetz gewollt, zur Nation geworden, hat in der Wüste sich selbst, gestützt aus gemeinsame geschichtliche Erfahrung, gemeinsame, national­geschichtliche Ziele gesteckt. Ihr kann der Staat nicht Selbst­zweck sein und das Land nicht Bedingung der Existenz. Mas

andere Nationen sonst tötet, der Verlust von Staat und Land, das hat sie schon in der Wiege überwunden. Land und Staat sind ihr gegeben, nicht um nun selber dem Turmbauwahn politischer Ruhmsucht, der die anderen Nationen der Reihe nach in die Höhe treibt und in den Abgrund wirft, ihrer­seits zu verfallen, sondern um die ganze Fülle menschlicher

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