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Judenproblem / von I. Breuer
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mäßig vo n den Nichtjuden mit allem Nachdruck daran er- innert. Die Frage, wo sich heute die Nachkommen der Juden des Titus befinden, ist sowenig ein Rassenproblem wie die Frage nach den Nachkommen der Germanen Hermanns des Befreiers. Hier wie dort gibt nicht etwa die Wissen­schaft, sondern die vollkommen lebendige historische Über- lieferung, das lebendige Selbstbewußtsein unbedingt ein- deutige Antwort.

Dies ist nun eine Erscheinung, die der Erklärung drin­gend bedarf. -

Es gilt der Satz, daß eine Frage richtig stellen sie schon halb beantworten heißt. Seien wir uns daher zunächst über die Frage völlig im klaren.

Diese Frage ist vorerst weder eine physische noch eine metaphysische; weder betrifft sie die sogenannte jüdische Rasse noch die jüdische Religion.

Am allerwenigsten die jüdische Rasse. Es hat im vor­liegenden Zusammenhang gar keinen Sinn, sich in Erörte­rungen darüber einzulassen, ob etwa die heutigen Juden rasserein sind oder nicht; ob sie jemals rasserein waren oder es nicht waren; ob ihre Rasse sich von den sie umgebenden Rassen wesentlich unterscheide, ihnen gänzlich fremd sei oder gemeinsam mit ihnen einer Art von Oberrasse eingeordnet werden könnes ob die Kluft, die den Juden vom Nichtjuden trennt, rassenmäßig empfunden werde und daher unüber­brückbar sei Lder ob sich im Laufe der Zeit, unwillkürlich oder durch Gewußte Zweckhandlungen, sehr wohl Übergänge würden finden lassen, die zur völligen Verschmelzung führen könnten. All diese Erwägungen mögen ganz lehrreich sein und des Eifers der Gelehrten durchaus nicht unwert: nur interessieren sie uns im Augenblick ganz und gar nicht und sind vollkommen ungeeignet, das hier aufgeworfene Problem irgendwie der Lösung näher zu bringen.

Der Begriff der Raffe dient zur Klassifizierung der Men­schen. Man wird diejenigen Merkmale als raffebildend an­erkennen, die besonders geeignet sind, in das bunte Menschen­gewoge durchgängige Ordnung zu bringen. Aber diese Ord- nung"ist lediglich eine gedachte Ordnung, die auf dem Wege einer abstrahierenden Fiktion gewonnen wird. Kein Mensch lebt ein bewußtes Rasseleben. Mag man die Bewußtse

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