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Judenproblem / von I. Breuer
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stilgemäß den etwas altfränkisch anmutenden Namen: Freie Vereinigung für die Interessen des orthodoxen Juden- tums" in Deutschtand", ein Titel, der höchstens noch vom Generaloberfinanzkriegs- und Domänendirektorium" der hochseligen Majestät Friedrich Wilhelms des Ersten einiger­maßen übertrumpft wird. Trotz ihres schwerfälligen Titels ist sie aber recht behende und hat demGemeindebund" so­wohl wie demVerband" schon manche böse Stunde be­reitet, namentlich in Preußen, wo sie nicht selten das Ohr der Regierung gehabt hat. Aber auch sie wiederum hat kein leichtes Leben, und es ist hinlänglich gesorgt, daß ihre Bäume nicht in den Himmel wachsen, da selbst di e orth o- doxen Juden untereinander nicht einig sind. Das bereits erwähnte preußisch-hessische Gesetz über den Austritt aus den Synagogengemeinden hat nämlich das Zerwürfnis unter sie getragen. Die eine, die konsequentere Richtung behauptet, es sei religionsgesetzlich verboten, nach Schaffung der Aus­trittsmöglichkeit freiwillig in einer Synagogengemeinde zu verbleiben, in deren Schoße Reformen eingeführt sind, die das überlieferte, orthodoxe Judentum nicht billigt, z. B. Abschaffung der Gebete, die auf Wiederherstellung des Tem­pels mit seinem Opferdienst, Erneuerung des Thrones Davids in Jerusalem, das dereinstige Erscheinen des -SA irq SunuuZiZ azq Lunqchjny 'qutz pxhnirS ZvrjjsW. schlechter während des Gottesdienstes, Einführung eines Damenchors oder selbst nur die Verwendung einer Orgel, die als unzulässige Nachahmung christlicher Gebräuche gilt. Diese Richtung geht sogar so weit, daß sie den Verbleib in einer solchen Gemeinde selbst dann verpönt, wenn selbst die Gemeinde sich bereit gefunden hat, neben ihren refor­mierten Institutionen auch den Bedürfnissen der Orthodoxen voll und ganz Rechnung zu tragen, da nur durch den Aus­tritt der Protest gegen die Religionswidrigkeit der vor­genommenen Reformen zu unzweideutigem Ausdruck ge­langen könne, durch den freiwilligen Verbleib in einem ge­meinsamen Verband aber der Anschein erweckt werde, als seien orthodoxes Judentum und Reformjudentum gleich­berechtigt, während in Wirklichkeit ersteres in letzterem eine völlige Leugnung der überlieferten religiösen Wahrheit, einen förmlichen Abfall vom überlieferten Judentum zu er-

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