so wird ihm der Jude ein wegen seines Bekenntnisses gekränkter Deutscher.
Der bewundernswürdige Jude denkt ganz ähnlich. Zwar weiß er von seiner Religion meist selber blutwenig. Aber eines weiß er doch: daß er nämlich seine Lage mit einem Schlage ganz bedeutend bessern würde, wenn er sich taufen ließe. Hierin findet er eine schlagende Bekräftigung seiner Behauptung, er sei nichts als ungetanster Deutscher. Und fühlt sich somit lediglich wegen seiner Ungetauftheit verfemt.
Daß aber in Wirklichkeit Judesein unmöglich sich in einer reinen Negation, in der Tatsache der Ungetauftheit, erschöpfen kann, daß ihm vielmehr auch ein positiver Inhalt zukommen muß, liegt aus der Hand.
Worin aber liegt dieser positive Inhalt?
Daß es Juden gibt, die sich von ihren christlichen Mitbürgern ihrem Bewußtsein nach buchstäblich nur durch die Ungetauftheit unterscheiden, läßt sich nicht bestreiten. Ich habe dies bereits früher zugegeben und betont, daß für sie in der Tat ein eigentliches Judenproblem nicht vorhanden ist.
Aber einerseits gehören diese Juden zu den Ausnahmen und andererseits gehören auch die Christen zu den Ausnahmen, die die Juden lediglich als ungetanst empfinden. Der Bevölkerung ist die jüdische Religion höchstens ein Symptom. Sie hat gegen die jüdische Religion als solche meist fast gar nichts. Sie kennt sie nur geradezu verblüffend oberflächlich. Es ist eine höchst auffallende Tatsache, wie wenig Christen in Deutschland eine auch nur halbwegs zutreffende Vorstellung von der jüdischen Religion haben. Die meisten begnügen sich damit, zu wissen, daß sie den Genuß von Schweinefleisch verbietet, und sind allzumal erstaunt, Juden so oft anzutreffen, die jede Scheu vor dem Schwein, selbst vor dem Krieg, vollkommen verloren haben. Daß die Juden den „Schabbes" statt des Sonntags feiern, erfährt man zur Not auch noch. Aber damit ist es. namentlich bei den gebildeten Ständen, meist zu Ende. Wenn der Christ von Juden spricht, denkt er nur in den seltensten Fälle an die jüdische Religion. Nicht die Religion, sondern der