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Judenproblem / von I. Breuer
Seite
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Gottes, zum sittlich vollendeten Verwirklicher göttlicher Ziele auf Erden heranbilden. Nichts Geringeres will es an ihm vornehmen als die völlige Umwandlung seines natur­haft entstandenen Wesens zur sittlich freien Persönlichkeit. Heiligkeit, das heißt sittliche Vollkommenheit, Ganzheit mit Gottißt in allen leiblichen und geistigen Fähigkeiten, so he die Forderung, die Gott bereits an Abraham gerichtet hat, da er mit ihm den Nationalbund stiftete. Der Nation gegen- über Selbstzweck, ist dos Gottesgesetz für den jüdischen Einzelmenschen Mittel zu seiner E rz iehung.''

Jede Religion will erziehen. Aber das Einssein, die Ganzheit mit Gott, die aus dem Quell innerer Überzeugung die freie, sittliche Tat hervorsprudeln läßt, ist nicht Be­ginn, sondern Ziel der Erziehung. Das ist der wunde Punkt jeder Religion.'"Gänz und gar beruht sie auf der freien Überzeugung der Persönlichkeit und kann doch diese Überzeugung erst als krönenden Abschluß ihres Erziehungs- Werkes dem bringen, der sich ihr hingibt und das Erziehungs­werk an sich vollführen läßt. So wird Religion die Stütze der Schwachen, der persönlich Armen, der müde Ver­zweifelnden, der füll Resignierten. So lädt sie den Starken, die ihr anhangen möchten, die schwere Gewissensqual auf, die sie vor sich selber als Heuchler erscheinen läßt oder sie nötigt, mit der Religion zu brechen und vor der Zeit sich auf eigene Füße zu stellen. Religion will erworben, nicht er- lebt sein. Bis dahin aber ist ein weiter Weg. Wer führt ihn?-

Das jüdische Nationalgesetz führt ihn.

Der Gehorsam der Tat richtet sich nicht an die Überzeugung.

Das Gesetz bindet den Willen, läßt aber die Persönlichkeit frei. Die Kämpfe und Irrungen der strebenden Persönlich­keit führen sie nicht aus dem Judentum heraus, denn die Nation umfängt sie, schützt sie, stützt sie. Gerade weil die Nation nicht auf Grund einer etwa von ihr bei ihren Glie­dern bereits vorausgesetzten Überzeugun g, gerade weil sie schlechthin, mit absolut verbindlichem Zwang gebietet, weil dieser Zwang keine andere Grundlage hat als die mit der Geburt von einer jüdischen Mutter eintretende Zugehörigkeit zur jüdischen Nation, gerade deshalb entbehrt der der Nation gezollte Gehorsam jedes Gewissenszwanges und läßt